Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)
Rezensionen
Foitzik, Jan: Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) 1945-1949: Struktur und Funktion (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 44). Berlin, Akademieverlag 1999, 544 S. Die sowjetische Besatzungsmacht in Österreich wurde von der Historiographie lange vernachlässigt; die Gründe dafür sind insbesondere in der schwierigen Quellenlage zu suchen. Umso deutlicher fallt der kontinuierliche Fortschritt der deutschen Besatzungsforschung auf. Hier sind schon vor der Wende und somit noch ohne sowjetische Quellen Arbeiten aus dem Mannheimer Arbeitsbereich für DDR-Geschichte unter Hermann Weber und dem Münchener Institut für Zeitgeschichte unter Martin Broszat erschienen, in erster Linie zu nennen ist hier das 1990 herausgebrachte „SBZ-Handbuch“.39 Die Öffnung der ehemaligen DDR-Archive und des ca. fünf Millionen Akteneinheiten umfassenden SMAD-Bestandes im Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF) führte 1994/95 zur Herausgabe mehrerer primärquellengespeister Arbeiten, insbesondere von Norman M. Naimarks Monographie „Die Russen in Deutschland“40 und von Stefan Creuzbergers 1996 gedruckter Bonner Dissertation41 über die sowjetische Besatzung und das politische System in der sowjetischen Besatzungszone bis 1948. Inhaltlich konzentrierten sich die bis dato erschienenen Darstellungen auf zwei zentrale Fragen: erstens auf die langfristigen Ziele der sowjetischen Deutschlandpolitik, die aber meist auf den Antagonismus zwischen deutscher Einheit und So- wjetisierung der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) reduziert wurden, und zweitens auf die Rolle von SMAD, UdSSR und SED im Prozess der Sowjetisierung und der Gründung der DDR. Als Vertreter der Extrempositionen in der Intentions- und Rollendebatte zu nennen sind Wilfried Loth, der Sowjetisierung und DDR- Gründung als Betriebsunfall sowjetischer Außenpolitik und Ergebnis der Politik der SED interpretiert,42 und Creuzberger, der das hohe Ausmaß der politischen Bevormundung und Manipulation durch die SMAD betont. Besondere Aufmerksamkeit erweckte in der SMAD-Forschung auch die Rolle des Chefs der Informationsverwaltung, Oberst Sergej I. Tjulpanov, der vomehm39 Broszat, Martin - Weber, Hermann (Hrsg): SBZ-Handbuch: Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945-1949. München 1990. 40 Naimark, Norman M.: Die Russen in Deutschland: Die Sowjetische Besatzungszone 1945 bis 1949. Berlin 1999 (zur Originalausgabe 1995 unveränderte Taschenbuchausgabe). 41 Creuzberger, Stefan: Die sowjetische Besatzungsmacht und das politische System in der sowjetischen Besatzungszone. Weimar 1996. 42 Loth, Wilfried: Stalins ungeliebtes Kind: Warum Stalin die DDR nicht wollte. München 1996 (zur Originalausgabe 1994 unveränderte Taschenbuchausgabe). 442 Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48/2000 - Rezensionen