Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)

Rezensionen

[...] aber der Hofkriegsrat entschied am 31. Dezember [1816], „daß Grasei sammt seinen millitärischen Lastergespänen beim [Wiener] Stabsauditoriate abgeurtheilt wer­den müsse, weil derselbe bereits zur Fahne geschworen hat. Grasei hatte, als er sich - fast am Ende seiner Räuberkarriere - am 22. April 1815 in Prag als ein aus Loiben bei Krems stammender Seifensieder namens Franz Eichner zur Artillerie assentieren ließ, natürlich den Fahneneid geleistet. Das be­weist nicht nur die von Bartsch zitierte Aussage des k. k. Hofkriegsrates, sondern auch die im Wiener Kriegsarchiv bei den Standesakten des 1. Feldartillerie­regiments erliegende Assentliste des Franz Eichner (recte Grasei). Die Assentliste aber war in derartigen Fällen das eindeutige Beweismittel für die ordnungsgemäße, unter Ablegung des Treueides erfolgte Assentierung. Grasei wurde daher nicht wegen irgendwelcher nicht beachteten Einberufungsbefehle vor ein Militärgericht gestellt. Sein Gerichtsstand war vielmehr die Folge seines vor dem sechswöchigen Kurzaufenthalt bei der k. k. Artillerie am 22. April 1815 abgelegten Fahneneides. Die anschließenden Aufsätze sind in erster Linie volkskundlichen Inhalts. Die Beiträge von Bohuslav Benes und Marta Srámková beschäftigen sich mit den regionalen südmährischen Graseiüberlieferungen. Margot Schindler, in leitender Stellung am Österreichischen Museum für Volkskunde und seit mehr als 20 Jahren in der Graseiforschung tätig, stellt die österreichischen Überlieferungen anhand der reichhaltigen Räuberliteratur in einen allgemeineren Kontext. Erich Rabl, der bekannte Lokalhistoriker, Stadtarchivar und Museumskustos, beschäftigt sich mit der reichen lokalen Graselüberlieferung des Homer Raumes. Er behandelt die Ent­stehungsgeschichte und den heutigen Bestand der im Homer Höbarthmuseum ver­wahrten Grasel-Sammlung sowie entsprechende Denkmale der Volksüberlieferung in Hom und Umgebung. Erfreulicherer Weise findet sich auch Richard Bietschacher unter den Auto­ren, und zwar mit einer „im Volkston“ zu rezitierenden Ballade. Aus der Feder dieses Schriftstellers und Chefdramaturgen der Wiener Staatsoper stammt im Übri­gen eine großartige feuilletonistische Graseibiographie („Der Grasei. Chronik eines Räuberlebens“. Wien 1981), bei der er viel Einfühlungsvermögen im Umgang mit rechts- und sozialgeschichtlichen Inhalten bewies. Christoph Tepperberg, Wien Schneider, Christine: Der niedere Klerus im josephinischen Wien. Zwi­schen staatlicher Funktion und seelsorgerischer Aufgabe. Wien, Deutik- ke 1999 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 33), 158 S. Die Autorin untersucht die spannungsreichen Entwicklungen in der Erzdiözese Wien im späten 18. Jahrhundert., in der prototypisch eine neue Organisation des niederen Klerus und in der Folge auch eine Pfarrregulierung durchgeführt wurde. 439 Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48/2000 - Rezensionen

Next

/
Thumbnails
Contents