Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)

RAUSCHER, Peter – STAUDINGER, Barbara: Der Staat in der frühen Neuzeit. Überlegungen und Fragen zu aktuellen Neuerscheinungen der deutschen Geschichtswissenschaften

Dieser Versuch ist, um es vorzunehmen, vollends gelungen, sieht man die Arbeit als Ergebnis geschichtwissenschaftlicher Methodik, die die Erfinder unter den Kaufleuten nur beiläufig würdigt. Inwieweit allerdings technische Entwicklungen als Impulse kaufmännischer Bemühungen festgestellt werden könnten, ist wohl Thema einer eigenen Untersuchung. Mit den Hinweisen auf „Die Kaufleute als Gruppe des Bürgertums“ ist auch die Abgrenzung von jeglicher neuen, durch die Organisationsform „Industriebetrieb“ entstandene soziale Schicht, wie vor allem dem Industrieproletariat, klargestellt. Sehr penibel differenziert der Autor durch eine Unterteilung der Kaufleute nach dem Umgang ihres jeweiligen „Geschäfts“. Zum Begriff des „Kaufmanns“ stützt er sich u. a. auf den „Brockhaus 1885“, erwähnt aber das österreichische Handelsge­setzbuch eher beiläufig. Als Hauptquelle der, der „Bürgertumsforschung“ zugerechneten Arbeit benutzte Raptis die Bestände des Archivs des Handelsministeriums, die auch Konsularan­gelegenheiten und wirtschaftsrechtliche Angelegenheiten dokumentieren. Davon rührt auch die zeitliche Abgrenzung her - ab 1848 da das Handelsministerium erst im Mai 1848 ins Leben gerufen worden ist. Nach einer eher skizzenhaften Beschreibung des Binnen- und Aussenhandels der Monarchie wendet sich die Arbeit den eigentlichen Schwerpunkten zu. Ihre Be­handlung füllt den Großteil der Dissertation und befasst sich mit den Beziehungen der Kaufleute zur staatlichen Verwaltung. Als Besonderheit erscheint es, „daß die Kaufleute [...] das Honorarkonsularamt fast monopolisierten“, eine heute noch anzutreffende Position vieler kaufmännischer Unternehmer. Raptis weist an 119 Kaufleuten diese Aktivitäten nach, wobei sich die Tätigkeiten geographisch über den ganzen Globus erstreckten. Es wird eine Reihe heute noch bekannter Namen genannt, z. B. Sina, Todesco, Dumba und Epstein, die sowohl als österreichische Konsuln im Ausland, als auch als Konsuln fremder Staaten im Inland fungierten. An den Beginn des nächsten Abschnitts „Auszeichnungen“ stellt Raptis den Un­terschied zu Deutschland, so welche Ehrungen als „Kontrolle des Bürgertums durch den Staat“ zu werten seien, während die „Kontrolle des Wirtschaftsbürger­tums in Österreich [...] lockerer (und eine Form) eines übergreifenden kaiserlichen Patriotismus“ sei. Die häufigsten Ehrungen erfuhren die Ausgezeichneten ab 1815 durch die Verleihung des „Ordens der Eisernen Krone“, ab 1849 auch durch den „Franz-Josephs-Orden“ mit der Erhebung in den Ritterstand auf persönlichen An­trag. Weniger oft wurde der Ehrentitel „kaiserlicher Rat“ verliehen. Als eine weitere Ehrung der Kaufleute kann ihre Position als Handelsgerichtsbei­sitzer gewertet werden, die ebenso „ein Bindeglied [...] (der) vielfältigen Bezie­hungen der Kaufleute zu den Handels- und Gewerbekammem“ waren. Die Beisit­zerschaft war durch einen Erlass der Ministerien für Justiz und Handel vom 2. Dezember 1864 geregelt, Kleinhändler oder Trödler waren davon ausgeschlos­428 Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48/2000 - Rezensionen

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