Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)
RAUSCHER, Peter – STAUDINGER, Barbara: Der Staat in der frühen Neuzeit. Überlegungen und Fragen zu aktuellen Neuerscheinungen der deutschen Geschichtswissenschaften
sen. Als Kuriosum ist wohl die 1867 erteilte Bewilligung zum Tragen der Landesgerichtsratsuniform anzusehen. Des Weiteren wird das nächste Kapitel der Mitgliedschaft der Kaufleute bei „interessenpolitischen Korporationen“, wie Handels- und Gewerbekammem, als auch bei den früher gegründeten Gewerbevereinen gewidmet. Hier bietet der Autor eines der umfangreichsten Beispiele an Persönlichkeiten, von denen etliche auch Funktionen, z. B. als Bürgermeister (Wimhölzel in Linz) oder als Gemeinderäte (fünf Namen in Graz) ausübten. Landtags- und Reichsratsabgeordnete finden sich ebenso unter den Mitgliedern dieser ab 1833 (böhmischer Gewerbeverein) konstituierten Interessenverbände. Der „Funktionsmulti“ unserer Tage hat wohl hier seine Ahnen. Einige Wichtigkeit kommt auch den „Berichten und Vorschlägen von Kaufleuten“ zu, von welchem Raptis das 1864 erschienene Buch „Österreichs Betheiligung am Welthandel“ des Triestiners und Bankiers Pasquale Freiherr von Revoltella am meisten schätzt. Diese Berichte, die an das Handelsministerium oder an eine Landesregierung gerichtet waren wurden von den meisten im Aussenhandel Tätigen auf eigene Initiative verfasst und zeichneten sich durch hohe Qualität aus. Besonders aktiv waren Kaufleute bei den Weltausstellungen, von denen zehn, von London 1862 bis Barcelona 1888 mit der Beteiligung von insgesamt 74 Ausstellern aus der Monarchie, in der Arbeit Raptis untersucht werden. Von den Genannten sind heute u. a. Kleinoschegg (Weinhandel, Graz), Braunmüller (Buchhandel, Wien), Lobmeyr (Glaswaren, Wien) oder Austria (Landkartenverlag, Wien) bekannt. Interessant sind einerseits die überwiegende Mehrheit des Weinhandels, andererseits die zusammen 21 österreichischen Juroren und Kommissionsmitglieder auf dem Kaufmannstand. Auf eine Präferenz, die „privilegierten Großhändler in Wien“ wird eigens hingewiesen, zu denen „führende Großbürgerfamilien“ - als Beispiele: Rothschild oder Sina - zu zählen waren. Diese Gruppe umfasste, laut Raptis, etwa 90 Familien, zum Teil mosaischer Konfession, und genoss eine dem Adel ähnliche Stellung im öffentlichen Leben der Reichshaupt- und Residenzstadt, wo sie sich vorwiegend niedergelassen hatten. Dieses, für den Zweck der Arbeit unumgängliche, Hervorheben der Bewertung und Bezeichnung einzelner Gruppen innerhalb der sehr komplexen Zahl der Handelstreibenden führt zur „Förderung, bzw. Zulassung des Ausführhandels“. Die vorwiegenden Zielgebiete lagen im Osten und Südosten, sowohl nahe, als auch weit über europäische Grenzen hinaus, wie Raptis an den Aktivitäten von 42 aktenmäßig bekannten Kaufleuten zeigt. Den mit technischem Einschlag gemischten Tätigkeiten der österreichischen Kaufleute, wie Firmengründungen oder Erfindungen, widmet der Autor einen eigenen, wenn auch kürzeren Abschnitt. Die bei „Gründungen“ untersuchten 28 Kaufleute beschränkten sich auf die Verarbeitung 429 Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48/2000 - Rezensionen