Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)
RAUSCHER, Peter – STAUDINGER, Barbara: Der Staat in der frühen Neuzeit. Überlegungen und Fragen zu aktuellen Neuerscheinungen der deutschen Geschichtswissenschaften
Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48/2000 - Rezensionen REZENSIONEN Pethö, Albert: Agenten für den Doppeladler. Österreich-Ungams Geheimer Dienst im Weltkrieg. Graz, Verlag Stocker 1998. 448 S. Die Unterzeichnung des Waffenstillstandes zwischen Italien und Österreich- Ungarn am 3. November 1918 eröffnete der italienischen Führung die Möglichkeit, durch rasches Vorschieben von Truppenteilen entlang der Südbahn die begehrten Akten der Nachrichtenabteilung des k. u. k. Armeeoberkommandos in die Hand zu bekommen. Da es mangels Personal nicht mehr möglich war, die Bestände rechtzeitig zu sichten, wanderten Kiste um Kiste der 300 000 Aktenstücke umfassenden Registratur in den großen Badeofen des Hotels „Herzogshof’ in Baden. In Wien wiederum stellte die junge Republik einen Doppelposten vor den Eingang des Evidenzbureaus im Kriegsministerium am Stubenring. Vergebens, denn noch lange ins Jahr 1919 hinein fanden sogar Kisten voll Akten durch den allgemein unbekannten Hinterausgang den Weg zum Verheizen. Dies stellte zu diesem Zeitpunkt wohl die einzige Möglichkeit dar, die Konfidenten, Kundschafter und Spione der untergegangenen Donaumonarchie nachhaltig vor der Rache der Siegerstaaten zu schützen. Es gehört deshalb zweifellos eine Portion Mut dazu, sich allein schon auf Grund der schlechten Quellenlage dieses schwierigen Themas anzunehmen. Bislang wurde über Evidenzbureau und Nachrichtenabteilung nur in einem Beiband zum Generalstabswerk „Österreich-Ungams letzter Krieg“ sowie in einer Prüfungsarbeit eines angehenden Generalstabsoffiziers auf seriöse Weise berichtet. Der Verfasser, der auf beinahe ein Jahrzehnt einschlägige Forschungsarbeit zurückblicken kann, die auch mit der Verleihung des Ludwig-Jedlicka-Preises gewürdigt wurde, stellt im ersten Teil seiner Arbeit Struktur, Tätigkeit, Erfolge und Misserfolge des k. (u.) k. Evidenzbureaus ab 1850, der Nachrichtenabteilung des Armeeoberkommandos 1914-1918 und des Marineevidenzbureaus ab 1862 dar. Trotz größter Knappheit der Mittel - eine offenbar unausrottbare österreichische Militärtradition - konnte sich der österreichische Nachrichtendienst zu einem der effizientesten seiner Zeit entwickeln. Exotisch anmutende Einsätze in der Wüste kommen dabei ebenso vor wie groß angelegte Sabotageuntemehmungen in Italien, denen sogar manches Schlachtschiff zum Opfer fiel. Der nächste Abschnitt behandelt ausführlich die Einrichtung des Radiohorchdienstes, der Funkspionage während des Weltkrieges. Manch erstaunlicher Erfolg gegen die enorme russische Übermacht basierte letztlich auf unsichtbare Höchstlei425