Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)
PASETZKY, Gilda: Zwei Wiener Jakobiner und ihre Reise nach Frankreich
Gilda Pasetzky darauf hoffte, mit seinem Haus eine polnische Erbmonarchie zu begründen. Sein Land wurde so zum Exil für zahlreiche polnische Patrioten. Im Herbst 1793* verließ Soltyk Leipzig und begab sich im Auftrag Kosciuszkos nach Wien.* 9 Dort sollte er Erkundigungen darüber einziehen, welche Haltung Österreich gegenüber Polen einnähme.10 11 Die Position Österreichs war zu diesem Zeitpunkt alles andere als klar. Ausgehend von der Tatsache, dass Österreich bei dieser Teilung Polens leer ausgegangen war, hofften die polnischen Patrioten, wenn schon nicht auf die Unterstützung des Kaisers für ihre Sache, so doch zumindest auf seine Neutralität. In Wien war Soltyk jedoch von Spionen umgeben, die ihrerseits versuchten, den Grafen auszuhorchen, um so die Pläne der Patrioten zu erfahren. Gleichzeitig versuchten sie, Soltyk auf ihre Seite zu ziehen, was jedoch misslang. Über all diese Gespräche lieferten sie ihre Berichte. So wissen wir auch, dass es dem Kaiser bekannt war, dass Soltyk vorhatte, als Gesandter Kosciuszkos weiter nach Paris zu reisen." Dieses Detail wird für die weiteren Ausführungen noch wichtig sein. Neben dieser politischen Mission sollte Soltyk noch eine zweite erfüllen, nämlich die, Waffen für die polnischen Aufständischen zu kaufen. Diese Aufgabe war es dann auch, die ihn mit den Jakobinern Held und Hebenstreit zusammenführte. Österreich und die „Wiener Jakobiner“12 Nur einen Monat nach dem Tod Kaiser Leopolds II. ließ sich sein Sohn und Nachfolger Franz II. im April 1792 auf einen Angriffskrieg gegen das revolutionäre Frankreich ein - und das mit nur einem einzigen Alliierten, der dazu noch schwach und unzuverlässig war: Preußen. In der österreichischen Bevölkerung machte sich bald Unmut über dieses sinnlose Abenteuer breit; um somehr, als deutlich wurde, dass dieser Krieg keineswegs eine Angelegenheit von wenigen Wochen sein würde, sondern teuer mit Geld und unzähligen Menschenleben zu bezahlen war. * Österreichisches Staatsarchiv Wien, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Polizeihofstelle [in Hinkunft: AVA, PHSt] 288/1794, fol. 41. Klagebericht [...] den Grafen Stanislas von Soltyk betreffend], Petricam, 31. Juli 1794. 9 AVA, PHSt 288/1794, fol. 249 f., Kollowrat an Pergen, 23.4.1793, zitiert nach Wangerraann, Emst: Joseph, 2. Aufl. 1969 (siehe Anm. 2), S. 144. (Im Folgenden werden Quellen, die schon einmal in einer anderen Publikation zitiert wurden, mit „zitiert nach“ und der Referenz auf die erste Veröffentlichung zitiert. Quellen ohne diesen Zusatz sind Dokumente, die erstmals hier behandelt werden.) 10 Baum an Kollowrat, 26. April 1794. In: V i v en o t (siehe Anm. 5), S. 197. 11 Auszug des geheimen Rapports eines Vertrauten über Polen, Wien, 19. Mai 1794 In: Vive- not (siehe Anm. 5), S. 243. 12 Die Geschichte der „Wiener Jakobiner“ wurde das erste Mal von Emst Wangermann (siehe Anm. 2) umfassend untersucht und publiziert. Die folgende Darstellung gibt in großen Zügen seine Forschungen und Ergebnisse wieder. 350