Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)

AGSTNER, Rudolf: Österreichische Konsulate in der Schweiz

missi im Auslande unterhielt und daher auf die Ausübung eines Gegenrechtes nicht hingewiesen werden konnte [...]. Im Anbeginn freilich mochten dem auf der hohen Schule altösterreichischer Geschäftsführung zugerittenen österreichischen Amtsmen­schen manche Haare zu Berge steigen ob des Neuen und Ungewohnten, das ihm entge­gentrat. Sowohl im mündlichen als im schriftlichen Verkehr. Daß eine mühsam und stelzbeinig redigierte Note nur kurz durch eine auf dasselbe Blatt hingekritzelte Bemer­kung erledigt wurde, das man ohne jede Förmlichkeit und ohne die im Amtsstil so viel Raum beanspruchende ,Courtoisie‘ dem Absender zurückschickte, war nach unserem Begriffe ein Novum [,..].55 Offenbar fand sich Przibram auf Zürcher Boden dann doch bald sehr gut zurecht, denn unter seiner Leitung entwickelte sich dieses Konsulat zu einer der am besten funktionierenden Vertretungsbehörden. Przibram widmete sich vor allem dem Ausbau der Handelsbeziehungen zwischen Österreich-Ungarn und der Schweiz; seine Verdienste wurden ihm am 5. Juli 1890 mit dem Ritterkreuz des Leopold- Ordens und mit der am 11. Februar 1896 erfolgten Verleihung des Ritterstandes mit dem Prädikat „von Gladona“ bedankt. Vielleicht spielte dabei auch eine Rolle, dass dem k. u. k. Konsul in Zürich auch die Betreuung der dort oft durchreisenden Kaiserin Elisabeth und des ihr in die Schweiz nachreisenden Kaisers Franz Josef oblag. Generalkonsul Przibram erinnert sich in seinen Memoiren daran, und verschweigt diskret die genauen Daten; die Nachricht, die Kaiserin habe sich direkt nach ihrer Ankunft „durch den für Fahrgä­ste der dritten Klasse bestimmten Ausgang auf den Weg gemacht, um ein Bad im See zu nehmen,“ versetzte dem k. u. k. Generalkonsul erhebliches Unbehagen, und er folgte der Kaiserin. Bei der raschen Gangart der Kaiserin hatte ich Mühe, selbst in ansehnlichem Abstand nachzukommen [...]. Wiederholt sah man Passanten [...] sich nach der dahinschweben­den Erscheinung unwillkürlich umdrehen. Am Seegelände angelangt, kam es so, wie ich erwartet: die Kaiserin machte ob des großen Andranges kehrt und trat bald in die bekannte Konditorei Sprüngli ein, um sich mit einer Schale Eis zu erfrischen und dann wieder durch das Gedränge, das in der Bahnhofstraße herrschte, zurückzukehren.35 36 37 Generalkonsul Przibram hatte auch die Auszeichnung den seiner Gemahlin in die Schweiz nachreisenden Kaiser bei einer „Inkognitofahrt“ am Zürcher Bahnhof zu erwarten. Im Alltagskleide, nicht einmal mit dem feierlichen Zylinderhut, fand ich mich im Morgengrauen in der Bahnhofshalle ein, wo alsbald ein schlanker Reisender im bür­gerlichen Touristenkleide, ein rundes Hütchen auf dem Haupte, nebst zwei ähnlich ge­kleideten Herren dem Abteil entstieg. Seit der Suezkanalreise” hatte ich den kaiserli­chen Herrn nicht im Bürgerkleide gesehen [...]. Obgleich ich mich am Bahnhofe in ei­ner absichtlich großen Entfernung [...] hielt, erspähte mich dessen Falkenauge doch in dem weiten, leeren Raume der Halle, und plötzlich sah ich die wohlbekannte Gestalt über eine Reihe von Geleisen hinweg auf mich zuschreiten [,..].38 Österreichische Konsulate in der Schweiz - Teil 1 35 Przibram, S. 219. 36 Ebenda, S. 242. 37 Przibram hatte Kaiser Franz Josef im November 1869 bei seiner Reise nach Konstantinopel, Jaffa, Jerusalem, Port Said (Suezkanaleröffnung), Kairo und Alexandrien begleitet. 38 Przibram, S. 239-240. 25

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