Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)

AGSTNER, Rudolf: Österreichische Konsulate in der Schweiz

bleiben habe, daß keinem Israeliten1 ein Konsulat verliehen werde“, machte aber zugunsten des Londoner Rothschild eine Ausnahme. Als sich 1821 der Chef des Pariser Zweiges der Rothschild, James (Jacob) de Rothschild, um den Posten des k. k. Honorargeneralkonsuls bemühte, wurde wieder eine Ausnahme gemacht, da ein „zweckmäßigeres Individuum“ als James de Rothschild dem Kaiser nicht vor­geschlagen werden konnte. Am 11. August 1821 wurde James de Rothschild zum k. k. Honorargeneralkon­sul in Paris ernannt; um entsprechend repräsentieren zu können, erwarb James das Palais von Joseph Fouché, einst Polizeiminister unter Napoleon, in der rue Laffitte No. 21, wo sich in der Folge „die Kontore der Rothschild-Bank“ und bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts das österreichisch (-ungarische) Generalkonsulat in Paris befanden. Die Posten des k. k. (k. u. k.) Honorargeneralkonsuls in Frankfurt, London und Paris blieben bis zum Ersten Weltkrieg in der Familie Rothschild gewissermaßen „erblich“. Als der 1836 ernannte Anselm Freiherr von Rothschild 1855 von Frank­furt nach Wien übersiedelte, folgte ihm durch Ah. Entschließung vom 16. Juli 1856 sein Cousin Wilhelm Carl Freiherr von Rothschild nach. Nach seinem Tod im Jahre 1901 wurde dessen Schwiegersohn Maximilian Freiherr von Goldschmidt- Rothschild, mit der Tochter Minna Caroline verheiratet, durch Ah. Entschließung vom 11. August 1901 zum k. u. k. Honorargeneralkonsul in Frankfurt bestellt; er übte die Funktion bis zum Ende der Monarchie aus. In London waren es vier Rothschilds, die zwischen dem Wiener Kongreß und dem Ersten Weltkrieg Öster­reich (-Ungarn) als Honorargeneralkonsuln vertraten. Auf Nathan (Mayer), seit 1804 Chef des Londoner Zweiges, folgte nach dessen Tod 1836 sein Sohn Lionel; als dieser 1858 endlich seinen Platz im House of Commons einnehmen konnte, berichtete der k. k. Gesandte Graf Apponyi: Baron Lionel von Rothschild hat mir vertraulich angezeigt, daß, da er nunmehr sei­nen langbestrittenen Sitz im Unterhaus eingenommen habe, und sein neuer Beruf alle die Zeit in Anspruch nehmen werde [...] er sich außer Stande sehe, die ihm als kaiserli­chen Generalkonsul obliegenden Pflichten gewissenhaft zu erfüllen, und daher zu sei­nem Leidwesen den Entschluß habe fassen müssen, diesem Posten zu entsagen [...]. Apponyi teilte Wien auch mit, dass Lionels jüngerer Bruder Anthony gerne bereit und sehr geschmeichelt wäre, wenn die kaiserliche Regierung sich be­wogen finden sollte, demselben die Stelle eines kaiserlichen Generalkonsuls in London zu übertragen [...]. Was das Verhältnis des Kaisertums Österreich und seiner Diplomatie zum Haus Rothschild anging, sah Apponyi „den Hauptvorteil, den die Innehabung des Gene­ralkonsulspostens durch Freiherr von Rothschild hatte“ in der Österreichische Konsulate in der Schweiz - Teil I 1 Schon im 18. Jahrhundert waren Juden zu k. k. Honorarkonsuln ernannt worden, so 1784 der aus Livorno stammende Raphael Picciotto zum Konsul in Aleppo; er wurde 1806 von Kaiser Franz 1. in den Ritterstand erhoben. 5

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