Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 47. (1999)
MAZANEC, Markus – VENUS, Theodor – WIRTH, Maria: Digitale Archivierung von Kabinettsakten des Österreichischen Staatsarchivs. Ein Zwischenbericht über ein gemeinsames Pilotprojekt mit der „Stiftung Bruno Kreisky-Archiv“
Kos, Franz-Josef: Die politischen und wirtschaftlichen Interessen Österreich-Ungarns und Deutschlands in Südosteuropa 1912/13. Die Adriahafen-, die Saloniki- und die Kavallafrage. Hrsg, von Horst Haselsteiner und Kurt Kaser. Wien-Köln-Weimar: Verlag Böhlau 1996 (Zur Geschichte Südosteuropas 11/20). 269 S. Franz-Josef Kos hat mit diesem Band eine historische Aufarbeitung der Balkanproblematik vorgelegt und ahnte bei deren Erstellung kaum, wie aktuell sein Beitrag gerade für die gegenwärtigen Diskussionen sein würde. Für den Leser bestätigt sich dabei einmal mehr, daß gerade diese Weltgegend den Schluß eines Kreises nicht zuläßt, sondern vielmehr die Drehungen zu einer teuflisch engen Spirale werden läßt. Kos’ Arbeit, in den Schwerpunkten der Beweislage gestützt auf die Archivalien des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, des Kriegsarchivs (beide Wien) und des Politischen Archivs des Auswärtigen Amtes in Bonn eröffnet jene Perspektive, welche die damaligen angrenzenden potenten Großmächte von diesem geographischen Krisenherd hatten und wie divergent in seiner Einschätzung, Betrachtung und Behandlung die Standpunkte der beiden Bündnispartner Deutschland und Österreich- Ungarn waren. Besonders gefährlich gestaltete sich die Situation mit dem ausgehenden 19. Jahrhundert, als „der Balkan“ in den Interessen Großbritanniens, Frankreichs und auch Deutschlands in den Hintergrund trat, für Österreich-Ungarn aber, nach dem Abschied von Oberitalien schlechthin „die“ neue politisch-diplomatische Konzentrationsbühne wurde. Rückbezogen auf diese Interessenstandpunkte mußte es zwangsläufig zwischen den Großmächten zu Auffassungsunterschieden kommen. Während allerdings die erstangesprochenen imperialen Großmächte die gesamte Balkansituation in weit größere Zusammenhänge stellten, so etwa das Deutsche Reich mit seiner Türkeipolitik, mußte sich gerade Österreich-Ungarn mit der gefährlich instabilen „Kleinkriegslage“ vor der eigenen Haustüre ständig befassen. Serbien, Montenegro und Bulgarien stellten hier Potentiale dar, die auch innerhalb der Monarchie wegen ihres militärischen Gehaltes stets mit Sorge betrachtet wurden und auch Bestrebungen in Gang setzten, seitens der österreichischungarischen Diplomatie ähnlich zu handeln, wie etwa die Briten in Indien, freilich mit weit weniger Erfolg. Die Frage einer Standpunktfestlegung gegenüber Montenegro - Serbien entzweite sogar die Beamtenschaft gegenüber dem österreichisch-ungarischen Außenminister. Während sich die Beamtenschaft des Ministeriums im Bezug auf Montenegro einen raschen und nachhaltigeren politisch-diplomatischen Erfolg versprach - besonderes Augenmerk lag dabei auf der Erwerbung des Berges Lo- vcen, welcher die Bocche di Cattaro, Österreich-Ungams zweitwichtigsten Kriegshafen dominierte - versprach und die Einleitung derartiger Gespräche empfahl, Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 47/1999 - Rezensionen 309