Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 47. (1999)

MAZANEC, Markus – VENUS, Theodor – WIRTH, Maria: Digitale Archivierung von Kabinettsakten des Österreichischen Staatsarchivs. Ein Zwischenbericht über ein gemeinsames Pilotprojekt mit der „Stiftung Bruno Kreisky-Archiv“

dieser Bevollmächtigten, die im Kreis der Mindermächtigen Verfassungsprojekte ausarbeiteten, eine Affinität zum Triasgedanken verneint (z. B. S. 194). Wie die Zusammenarbeit dieser Staaten auf dem Wiener Kongreß als solche zu bewerten ist, wird nicht klar thematisiert. Nach einem Exkurs über die Territorial Verhandlungen auf dem Kongreß und de­ren Wirkungen für die nichtköniglichen Staaten werden dann die Verbindungen zwischen den Bundesverfassungsprojekten der Mindermächtigen und der letztlich verabschiedeten Bundesakte beleuchtet. Neben dem Zweck des Deutschen Bundes geht Hundt vor allem auf dessen institutioneile Ausgestaltung ein: die Bundesexe­kutive und deren Entwicklungsmöglichkeit, die Stimmenverteilung im Engeren Rat und im Plenum, den Vorsitz, die Abstimmungsmodalitäten und den Tagungsort der Bundesversammlung. Ferner werden die Fragen des Militärwesens, der obersten Gerichtsinstanz auf Bundesebene, der landständischen Verfassungen der Einzel­staaten, die Untertanenrechte, das Postwesen, Religionsfragen und die Stellung der Mediatisierten behandelt (S. 268-325). Der Deutsche Bund wird als „Staatenbund mit bundesstaatlichen Elementen“ (S. 326) charakterisiert und im Rahmen seiner völkerrechtlichen Stellung neuerlich auf die Frage des „Garantierechts“ der Signatarmächte der Wiener Kongreßakte gegenüber dem Bund eingegangen. Hundt zieht dabei den Schluß, daß die Auf­nahme der Bundesakte in die Wiener Kongreßakte lediglich die Kenntnisnahme durch die europäischen Mächte bedeutete, woraus „keine Rechte und Pflichten“ (S. 329) erwuchsen. Untermauert wird diese zweifelhafte These u. a. mit der Di­vergenz zwischen dem beim Pariser Frieden aufgestellten Anspruch und dem auf dem Wiener Kongreß im Vergleich dazu verwirklichten „rudimentären Rest“ (S. 329). Der Kongreß habe daher „kein umfassendes Staatensystem“ geschaffen, so daß „folglich keine wechselseitige Garantie der Staaten“ (S. 329) bestand. Mit dieser Pointierung wird für die „Garantiefrage“ zwar ein formaljuristischer Ant­wortversuch unternommen, deren Bedeutung sowie ihre praktisch-politische Hand­habung bis 1866 bleibt aber außer Betracht. Unerörtert bleibt auch der sich auf­drängende Widerspruch zwischen dem von Anselm Doering-Manteuffel beschrie­benen, auf dem Wiener Kongreß geschaffenen „Wiener System“ und der „Wiener Ordnung“ und Hundts These vom nicht „umfassenden Staatensystem“. Ähnlich unklar erscheint das Urteil über die Leistungsfähigkeit des Deutschen Bundes, da Hundt die aus der Bundesakte ableitbaren Anforderungen an den Bund nicht strikt von denjenigen Forderungen trennt, die von außen an den Bund heran­getragen wurden. Entsprechend wird auch die Bundeskriegsverfassung von 1821 bewertet. Bei der berechtigten Kritik an den gravierenden Schwächen der Mili­tärorganisation findet die defensive Grundstruktur des Deutschen Bundes dennoch zu geringe Beachtung. Darüberhinaus werden hier, aber auch bei anderen bundes­organisatorischen Fragen, die der Bundesverfassung grundsätzlich innewohnenden Entwicklungspotentiale zu wenig berücksichtigt. Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 47/1999 - Rezensionen 302

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