Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 47. (1999)
STÖGMANN, Arthur: Die Erschließung von Prozeßakten des Reichshofrats im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien. Ein Projektzwischenbericht
Arthur Stögmann Aufwand fur die Erstellung von Sach-, Orts- und Personenregistern, die gedruckte Inventare erst benützbar machen, entfallt zur Gänze, da - unter der Voraussetzung einer strukturierten Texteingabe - die Suchfunktionen die Auffindung von beliebigen Zeichenfolgen (Personennamen, Ortsnamen und Sachbegriffe) garantieren. Alle in der Datenbank „RHR“ erfaßten Informationen sind ohne weitere manuelle Erfassung für weitere Funktionen verfügbar: Die in den einzelnen Datensätze aufgenommenen Beschreibungen der Prozeßakten (siehe unten) können automatisch, je nach Anforderung komplett oder nur teilweise, als Grunddaten in spezielle Auswertungen, „Abfragen“ und „Berichte“ eingespeist werden, die ihrerseits als Grundlage für gedruckte Teilinventare verwendbar sind. Dieselben Grunddaten können auch als Basis für eine vollständige oder teilweise „Veröffentlichung“ des Verzeichnisses im Internet herangezogen werden'* Die ,Abfragen“ und darauf basierenden „Berichte“ erweisen ihren forschungspraktischen Nutzen dadurch, daß sie die Festlegung von für bestimmte Fragestellungen spezifischen Kriterien ermöglichen. So kann unschwer z. B. eine Statistik der Häufigkeit von Schuldprozessen in einem bestimmten Zeitraum erstellt, die Anzahl der von der Stadt Aachen in einem bestimmten Zeitraum angestrengten Mandatsprozesse eruiert, oder die resolvierten den unresolvierten Prozessen gegenübergestellt werden.'9 Folgende „Berichte“ wurden bereits angelegt, die jederzeit benützt und theoretisch auch für die Erstellung von themenspezifischen Findbüchem herangezogen werden können: Appellationsprozesse, Konflikte um '* Die Veröffentlichung von Teilen der Datenbank im Internet wurde im Zuge des Projektes noch nicht praktisch erprobt. Hingegen wäre es jederzeit möglich, die einzelnen Objekte auszudrucken bzw. auf andere Datenträger zu kopieren und jedem Interessierten zugänglich zu machen. Allgemein zu den Nutzungsmöglichkeiten des World Wide Web im Archivwesen, insbesondere zur Erstellung von Leitseiten, die einen raschen „Zugang“ zu ganzen Archivstrukturen ermöglichen, oder auch von digitalen, WWW-konformen Findbüchem siehe Lupprian, Karl-Emst: Das digitale Chamäleon - Die Zukunft der archivischen Findmittel. In: Atlanti 9 (Maribor 1999), S. 81- 86, hier S. 82 f. Siehe auch: Ri eg I er, Josef: Neue Technologien und die Erstellung von Findbüchem. In: Ebenda, S. 99-104. 59 Die Vorteile eines Datenbankprogramms für die Anwendung historisch-quantitativer Methoden sind evident. Eine „gut geführte“ und entsprechend aussagekräftige Datenbank der RHR- Prozeßakten kann umfangreiches Material für unterschiedliche Strukturanalysen des sich wandelnden Rechts- und Soziallebens im Alten Reich zur Verfügung stellen. Filippo Ranieri hat in einer Studie aus dem Jahr 1985 die Möglichkeiten eines solchen Zugangs exemplarisch aufgezeigt: indem er die gesamte Aussagekraft eines repräsentativ ausgewählten RKG-Bestandes aus dem 16. Jahrhundert nützt, stellt er längsschnittartige Analysen zu verschiedenen rechts- und sozialgeschichtlichen Problemstellungen wie der zeitlichen Entwicklung und Veränderung des Geschäftsanfalls am RKG, der durchschnittlichen Prozeßdauer oder der Inanspruchnahme des Gerichts durch verschiedene soziale Schichten an. Ranieri, Filippo: Recht und Gesellschaft im Zeitalter der Rezeption. Köln/Wien 1985 (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 17/1-11). 258