Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 47. (1999)
SAPPER, Christian: Kinder des Geblüts – die Bastarde Kaiser Rudolfs II.
Christian Sapper Lustmord. Der Schloßverwalter Nigrin kann seiner hohen Stellung nun nichts mehr abgewinnen. Er schreibt am 20. Dezember 1607 an die böhmische Kammer, daß er nicht länger der Verwalter von Krumau sein will und zwar wegen des seltsamen Benehmens von Don Julius, dessen Aufenthalt für Nigrins Frau und Kinder zu gefährlich sei. Das Problem löst sich durch den baldigen Tod von Nigrin selbst. Neuer Verwalter von Krumau wird Jörg Fürst. Dieser muß bald über eine neue Untat von Julius berichten: Nachdem er längere Zeit mit der Tochter eines Baders aus Krumau zusammen gelebt hatte, schlug er diese wund, fügte ihr Stichwunden zu und stürzte sie in den Schloßteich. Im Hause des Vaters genaß sie jedoch noch einmal. Da verlangte Don Julius, daß sie zu ihm zurückkehre. Als der Vater sich weigerte, ließ er ihn einkerkern und verlangte vom Stadtrichter seine Hinrichtung. Nach fünf Wochen kehrte das Mädchen, den Vater retten wollend, zu Don Julius zurück. Der Vater kam wirklich frei, die Tochter fiel dafür ganz seiner Wut anheim: nach zahllosen Messerstichen verschied sie am 17. Februar 1608. Der Leiche schnitt Don Julius die Ohren ab, zerschlug die Zähne, zertrümmerte die Hirnschale, schnitt Fleischstücke aus ihr heraus und schälte ihr ein Auge aus. Der Mord erregte ungeheures Aufsehen und die Nachricht davon machte die Runde in halb Europa. Der belgische Agent Peter de Vischer berichtet an seinen Herrn, den Erzherzog Albrecht: Don Julius hat ein junges Mädel, so die Mutter ihm selbst verkuppelt, als er sie myspraucht, jämmerlich umbracht,94 Vischer meldet die Untat auch an den Agenten Hans Jakob Fleckhammer, sodaß sie bald allgemein bekannt ist. Dies ersehen wir aus einem Gutachten der bayrischen Geheimen Räte; sie legen ihrem Herzog Maximilian nahe, was er dem Kaiser zu Prag Vorhalten und raten müsse und sagen dabei: Der Kaiser ist zuwenig fromm, umgibt sich mit Astrologen und Zauberern. Das schreckliche Ereignis mit des Kaisers ältesten Sohn zeigt, wohin so etwas führt.95 Erzherzog Ferdinand, der sich damals gerade in Regensburg aufhielt, erfahrt ebenfalls davon und berichtet seiner Mutter: Zum Beschluß dises Briefes mues ich E. fl. Dt. ein histori schreiben so sich cuerz verschiner Zeit mit den Julio, des Kayser pastart zuegetragen und gewiß ist. Er, Julius, ist in eines Paaders Dochter verliebt gewesen, und mit denen Eltern sovil expracticieret, das sie ims gegeben; welliches Mensch er guette Zeitt bey sich behalten und unzucht mit ihr gedriben. Als ers nun eine guette Zeit bey sich gehabt, hatt es sich zuegetragen, das er einmal über das Mensch hergewischt, ein Messer genommen, und ihr die Prüst entzway oder aufgeschnitten, das Pluedt von denen Prüsten mit seinen Maull herausge- sutzlett und also das Mensch dergestalt zuegerichtet haimb geschiggt, darob die Eltern nit wenig erschroken; habens aber widerumben hailen lassen. Über dis ist er widerum- ben in Begierde gegen dem Menschen er.dtzindtett worden und hatts widerumben von den Eltern begehrt. Die Eltern haben sich zwar gewert, doch hatt er mit Troen und Poldern sovil ausgericht, das sie ime solliches Mensch widerumben gelassen, und alß ers widerumben ettliche Tag zue der Unzucht gepraucht, hatt ers ainmall bey der Nacht hergenommen, ier Nasen und Ohren abgeschniten, letzlichen erwierget und weill sie 94 B1 a s c h k a : Don Julius, S. 229, 235 und 238. 95 Briefe und Acten: Bd. 6, S. 265 und 296. 18