Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 47. (1999)

SIENELL, Stefan: Die kaiserlichen Beratungsgremien und die spanische Erbfolge¬frage (1699/1700)

Die Stellungnahmen der Kommissionsteilnehmer und der Sekretäre wurden von allen drei beteiligten Sekretären protokolliert27 28 und zumindest auch vom Vorsit­zenden der Kommission, Ferdinand Bonaventura von Harrach. Nach Abschluß der Sitzung nahm Consbruch die Protokolle der beiden anderen Sekretäre an sich und erarbeitete ein Votum, das eine gemeinschaftliche, kollektive Meinung der Kom­mission wiedergab. Das war eine ebenso schwierige wie verantwortungsvolle Auf­gabe, da es doch verschiedene Meinungen gegeben hatte, jedoch eine Diskussion mit einer Konsensbildung unterblieb. Das Votum kursierte nun unter den Kommis­sionsräten; wenn sich alle damit einverstanden erklärten,2* ergaben sich zwei Mög­lichkeiten, um zu einer kaiserlichen Entschließung zu gelangen: Erstens: Es wurde eine Sitzung der Geheimen Konferenz einberufen, der zu die­ser Zeit - in der Reihenfolge ihrer Aufnahme in das Gremium - folgende kaiserli­che Geheime Räte angehörten: (1) Wolfgang von Öttingen (1629-1708), Präsident des Reichshofrates, (2) Emst Rüdiger von Starhemberg (1637-1701), Präsident des Hofkriegsrates, (3) Ferdinand Bonaventura von Harrach (1636—1706), kaiserlicher Obersthofmeister, (4) Karl Dietrich Otto von Salm (1645-1710), Obersthofmeister König Josephs, (5) Karl Ferdinand von Waldstein (1634-1702), kaiserlicher Oberstkämmerer, (6) Sebastian Wunibald von Waldburg-Zeil (1636-1700), Vize­präsident des Reichshofrates, (7) Julius Friedrich von Bucelleni (um 1639-1712), österreichischer Hofkanzler, (8) Dominik Andreas von Kaunitz (1655-1705), Reichsvizekanzler, (9) Heinrich Franz von Mansfeld (1641-1715), kaiserlicher Obersthofmarschall, (10) Anton Florian von Liechtenstein (1656-1721), Obersthofmeister Erzherzog Karls, und (11) Johann Quintin von Jörger (1624- 1705), niederösterreichischer Statthalter. Die ,Mitglieder der Kommission für die spanische Erbfolgefrage' waren also ausnahmslos zugleich auch Angehörige der Geheimen Konferenz, worin sich wiederum einerseits der Stellenwert dieser Räte und andererseits die Bedeutung, die man der spanischen Erbfolgefrage beimaß, widerspiegelt. In der Sitzung der Geheimen Konferenz wurde zunächst das Votum der Kommis­sion verlesen, bevor der Kaiser die Stellungnahmen der anwesenden Räte und Kö­nig Josephs hörte, um abschließend seine Entscheidung (das kaiserliche Konklu- sum) zu verkünden. Die Sekretäre Eilers und Consbmch protokollierten alle Äuße­rungen (Schweitzhardt war kein Sekretär der Geheimen Konferenz) und sorgten für Die kaiserlichen Beratungsgremien und die spanische Erbfolgefrage (1699/1700) 27 Wenngleich sich für keine der Sitzungen die Aufzeichnungen aller Sekretäre erhalten haben, kann dieser Umstand aus einer Bemerkung Consbruchs auf dem Protokoll vom 25. Oktober 1700 ge­schlossen werden. KA, AFA, K. 212, fol. 397v. Druck bei Wetzer: Spanischer Successions- Krieg, S. 376. 28 Vgl. hierzu den Brief Kaunitz’ an Harrach vom 2. September 1699: Ewer Excl. iiberschicke ge- Aor(samst) daß referat in negotio successionis hispanicae in dero beüben stellend, wan sie es ap- probiren und dem concluso (wie ich darvor halte) con form finden, zu ihr Kay. May. allergnädig­sten handen solches zu befördern. AVA, FA Harrach, K. 254, Konv. .Kaunitz', s. f. 131

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