Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 47. (1999)

SAPPER, Christian: Kinder des Geblüts – die Bastarde Kaiser Rudolfs II.

Christian Sapper Was soll ich auch in dieser wüsten Welt, ein Zerrbild zwischen Niedrigkeit und Größe; Verleugnet von dem Manne, der mein Vater. Von Größe ist bei Julius, wie wir sehen werden, nicht viel zu bemerken, wohl aber von besonderer Niedertracht. Die Darstellung seines elenden Lebens und dem nicht viel erhebenderen Schicksale seiner Geschwister soll zum einen die Vorstel­lung von Rudolf II. als einsamen Weisen, der auf dem Hradschin Philosophie und Kunst zu ungeahnten Höhen fuhrt, relativieren. Zum anderen soll das Selbstver­ständnis der kaiserlichen Bastarde gezeigt werden: Als nicht eines Schusters oder Schneiders Sohn erheben sie Anspruch auf ein Leben in Reichtum und Luxus, jen­seits von Moral, Gesetz und Ordnung. Die Zeitgenossen scheinen diesen Anspruch auch anerkannt zu haben. Über die Mutter von Julius ist so gut wie nichts bekannt. Der Gesandte Alidosi berichtet, daß sie eine Baronessa gewesen wäre.“ Der kaiserliche Antiquar Ottavio da Strada berichtet über die Mutter nur, daß sie die zweite Konkubine von Ru­dolf II. gewesen wäre.44 45 Er hat sicher mehr gewußt-war er doch durch seine Tochter Anna Maria, die Rudolf II. zwei Söhne geschenkt hatte - gewissermaßen der Schwiegervater des Kaisers. Der Ausdruck Konkubine dürfte wohl auf ein länger andauerndes Verhältnis hindeuten. Bei Grillparzer verleugnet Rudolf II. seinen Sohn. Davon kann aber keine Rede sein, denn in der Legitimationsurkunde bekennt sich Rudolf II. ausdrücklich zu seiner Vaterschaft: [...] in memoriam nobis revocantes [...] nos [...] filium naturalem, cui Julius nomen sit, [...] ex femina celibe, soluta, honesta, alias famae seorsum extra consuetudinem et commercium aliorum hominum constituta, suscepisse [...]46 Bei der Wendung von einer „freien, ledigen und sonst ehrbaren Frau“ dürfte es sich wohl um eine Formel handeln. Das Geburtsdatum von Julius wird allgemein mit 158547 48 angegeben, aber auch 1587 48 ist möglich, desgleichen 1589 49 50. Im Jah­re 1600 wurde er legitimiert, das heißt er wurde kraft kaiserlicher Autorität vom Makel der unehelichen Geburt befreit50 und erhielt einen eigenen Hofstaat. Er wurde gut versorgt: sicher scheint, daß Rudolf II. ihm zumindest die Herr­schaft Krumau zugedacht hat. Julius wohnte von 1605 bis 1609 auf Schloß Kru­44 A 1 ido s i: Relazione, S. 6. 45 Vgl Anmerkung 12. 46 HHStA, Habsburgisch-Lothringische Familienurkunden, Nr. 1500. 47 Blaschka, Anton: Das Schicksal Don Julius de Austria. Akten und Regesten aus seinen letzten Lebensjahren. In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte der Deutschen in Böhmen 70 (Prag 1932), S. 220-255, hier: S. 220. 48 Briefe und Acten : Bd. 6, S. 99. 49 Briefe und Acten: Bd. 5, S. 816. Alidosi berichtet im Jahre 1607, daß er 18 Jahre alt sei. 50 HHStA, Habsburgisch-Lothringische Familienurkunden, Nr. 1500. 10

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