Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 46. (1998)

LILLA, Joachim: Die Bevollmächtigten für den Nahverkehr (Nbv) und ihre nachgeordneten Dienststellen in Österreich 1938 bis 1945

Joachim Lilla Richtlinien für die Bevollmächtigten für den Nahverkehr (Nbv) zur Durchfüh­rung des Straßenverkehrs im Kriege A. Aufgaben der Nbv 1. Der Krieg erfordert die Zusammenfassung und straffe Leitung der gesamten Stra­ßenverkehrsmittel zum Zweck ihrer rationellen Ausnutzung. Ausgenommen sind hierbei die Fahrzeuge der Wehrmacht, der bewaffneten SS und der Polizei. Bei der angespannten Lage der Straßenverkehrsmittel dürfen diese nur eingesetzt werden, wenn die anfallenden Aufgaben nicht durch andere Verkehrsmittel - Eisenbahn und Schiffahrt - gelöst werden können. 2. Daraus ergeben sich als im Kriege besonders vordringlich: a) An- und Abfuhr zu und von den Bahnhöfen und Wasserumschlagstellen, b) Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern, c) Bedienung des Berufsverkehrs, d) Bedienung wichtiger Betriebe, vor allem der Rüstungs- und Versorgungsbetriebe, e) Durchführung von Großvorhaben (Bauten usw., soweit sie vordringlich sind). 3. Nur wenn die Durchführung dieser Aufgaben sichergestellt ist, kann ein Güterfern­verkehr zugelassen werden, aber auch nur dann, wenn andere Verkehrsmittel nicht zur Verfügung stehen und es sich um kriegs- und lebenswichtige Transporte handelt. Alle anderen Ferntransporte mit Straßenverkehrsmitteln sind rücksichtslos zu unterbinden. 4. Die Sicherstellung dieser Aufgaben ist vornehmste Pflicht der Nbv. Sie haben sämt­liche Straßenverkehrsmittel so zu lenken, daß dieser Zweck erreicht wird. Alle Straßen­verkehrsmittel sind dann am rationellsten ausgenutzt, wenn keine Leerfahrten entstehen. 5. Hieraus ergeben sich die weiteren Aufgaben der Nbv. a) Die Beaufsichtigung der Straßentransporte, b) Sicherstellung der Einsatzbereitschaft der Straßenverkehrsmittel aa) Sicherstellung des Personals der Straßenverkehrsuntemehmen, in Zusammenarbeit mit den Arbeitsämtern und Kommandos der Rüstungsbereiche und Wehrersatzdienststel­len, bb) Sicherstellung der Straßenverkehrsmittel und Anforderung sowie Einsatz der von der Wehrmacht, Polizei und sonstigen Stellen vorübergehend zur Verfügung gestellten Straßenverkehrsmittel, cc) Verteilung der Kraftfahrzeuge und Anhänger aus dem ihnen zugewiesenen Anteil der Produktion und der Kraftfahrzeuge und Anhänger aus überlassenen Altbeständen der Wehrmacht und sonstigen Stellen, sowie der Zugpferde, dd) Verteilung des Kraftstoffes und der Reifen für die Kraftfahrzeuge des Straßenver­kehrs im Einvernehmen mit den nachgeordneten Stellen des Herrn Reichswirtschaftsmi­nisters [...], ee) Sicherstellung der Instandsetzung, soweit erforderlich im Einvernehmen mit den entsprechenden Stellen der Wehrmacht (Heimat-Kraftfahr-Parken) [. ..]. Bl. 160 f. Eine weitere Fassung, die aber nur Entwurf geblieben ist, datiert vom März 1940, BA-P R 5/9311, Bl. 323 f. Zur Verkehrssituation in den Kriegsjahren 1939 bis 1943 vgl. recht anschaulich Tho­mas, Georg: Geschichte der deutschen Wehr- und Rüstungswirtschaft (1918-1943/45), Hrsg, von Wolf­gang Birkenfeld. Boppard 1966 (Schriften des Bundesarchivs 14), S. 197 ff., 254 ff, 293 ff, 359 ff. Die Richtlinien werden im Grundsatz vollständig wiedergegeben. In der Vorlage gesperrt gedruckte Worte werden hier kursiv kenntlich gemacht. Aus Gründen der Platzerspamis wurden vereinzelt Absätze zusam­mengezogen. Auslassungen oder im Einzelfall sinnvolle Ergänzungen sind im einzelnen kenntlich ge­macht. 164

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