Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 46. (1998)

LILLA, Joachim: Die Bevollmächtigten für den Nahverkehr (Nbv) und ihre nachgeordneten Dienststellen in Österreich 1938 bis 1945

Joachim Lilla Die österreichische Bundesregierung führte seit dem 15. März 1938 die Bezeich­nung „Österreichische Landesregierung“; ihre Führung wurde dem als Reichsstatt­halter in Österreich eingesetzten (vormaligen Bundeskanzler) Dr. Arthur Seyß- Inquart übertragen29. Von den acht ehemals österreichischen Bundesministerien30 fielen die Ministerien für Landesverteidigung und für Justiz bereits im März und April 1938 fort, weil die entsprechenden Geschäftsbereiche unmittelbar vom Ober­kommando der Wehrmacht bzw. dem Reichsjustizminister wahrgenommen wurden. Die verbliebenen sechs Ministerien wurden durch einen Organisationserlaß des Reichsstatthalters (Österreichische Landesregierung) vom 30. Mai 1938 zu fünf Zentralstellen (Ministerien) zusammengefaßt, die die Geschäfte der österreichischen Landesregierung wahrzunehmen hatten31. Die Zuständigkeiten des bisherigen Bun­desministeriums für Handel und Verkehr fielen in den Wirkungsbereich des neuen Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Durch einen Erlaß des Reichsstatthalters in Österreich vom 11. August 1938, der die Geschäftsverteilung des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit regelte, wurde die Verkehrssektion des Bundesministerium für Handel und Verkehr mit Wirkung vom 18. August dem Ministerium für Wirtschaft und Arbeit als „überleitende Verkehrssektion“ unterstellt32. Nach dem Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich wurde das österreichische Bundesheer in die deutsche Wehrmacht eingegliedert33 und die Wehrkreisverfassung mit Wirkung vom 1. Juni 1938 durch die Errichtung der Wehrkreise XVII und XVI- II auf Österreich ausgedehnt34. oder die Reichsstatthalter in den Reichsgauen übertragen. Auch einige der Mitglieder der österreichischen Landesregierung amtierten weiter, wie beispielsweise Edmund Glaise v. Horstenau, vgl. Ein General im Zwielicht Bd. 2, S. 275 — 499 passim, der erst im März 1940 förmlich verabschiedet wurde (ebd. S. 446, Fußn. 10, S. 459, Fußn. 36). Reichskommissar Bürckel vereinigte bis März 1940 in seiner Person die Funktionen des Reichskommissars für die Wiedervereinigung Österreichs, des Reichsstatthalters (Österreichische Landesregierung) und die Stellung des Führers des Reichsgaues Wien (letzteres im selben Umfang wie die Landeshauptmänner in den übrigen Reichsgauen), vgl. P f e i fe r: Ostmark, S. 549, Anm. 5 zu § 17 Ostmarkgesetz. Bei dieser unübersichtlichen Ämterkumulation blieben Kompetenzüberschnei­dungen und -Verwirrungen der jeweiligen Dienststellen nicht aus. 29 Führererlaß vom 15. März 1938, RGBl. 1938 I, 248, 249. 30 Bundeskanzleramt, Bundesministerien für Landesverteidigung, für Justiz, für Finanzen, für Unterricht, für soziale Verwaltung, für Handel und Verkehr sowie für Land- und Forstwirtschaft. 31 Pfeifer: Ostmark, S. 85-88, mit Eineinachweise und dem Wortlaut des Erlasses über die Geschäftsver­teilung der österreichischen Landesregierung. 32 Gesetzblatt (in Hinkunft: GBl.) für das Land Österreich, Nr. 339/1938, § 1, Nr. 340/1938. 33 Führererlaß vom 13. März 1938, Pfeifer, Ostmark, S. 23 (Nr. 10). Die Vereidigung erfolgte am 14. März 1938. 34 Zum 1. April 1938 wurden das XVII. und XVIII. Armeekorps mit Sitz in Wien (später Linz/Donau) und Salzburg neugebildet. Die Wehrkreise XVII und XVIII wurden mit Wirkung vom 1. Juni 1938 errichtet. Vgl. detailliert: Tuider, Otmar: Die Wehrkreise XVII und XVIII 1938-1945. Wien 1975 (Militär­historische Schriftenreihe 30), S. 6 f.. Vgl. ferner: Tessin, Georg, Formationsgeschichte der Wehrmacht 1933-1939. Stäbe und Truppenteile des Heeres und der Luftwaffe. Boppard 1959 (Schriften des Bundes­archivs 7), S. 20; Absolon, Rudolf, Die Wehrmacht im Dritten Reich. Bände IV-VI. Boppard 1979- 1995 (Schriften des Bundesarchivs 16/IV-VI), Bd. IV, S. 264 f. und 361. Die neuen Wehrkreise XVII und XVIII mit ihren Wehrersatzbezirken werden erstmals in der VO vom 15. September 1939, RGBl. 1939 I, S. 1777, umschrieben. Zur Verwaltungsorganisation in Österreich vgl. Pfeifer, Ostmark, passim, und Botz, Gerhard, Die Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich. Planung und Verwirklichung des 154

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