Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)

AMMERER, Gerhard: Der letzte österreichische Türkenkrieg (1788–1791) und die öffentliche Meinung in Wien

Der letzte österreichische Türkenkrieg (1788-1791) Fassion eines Freimaurers. Mein Vermögen ist ein Geheimnis119. Fassion eines Bierwirthes. Ich Endesgefertigter habe durch die Rekroutierung sehr viel an meinen Kunden verloren, und da man mir erst kürzlich zwo meiner schönsten Lokmeisen zum rupfen abgeholet hat, so kann ich, in meinem Erwerbe gehindert, mich zu nichts Bestimmten erklären12“ Fassion eines Schlossers. Könnt’ ich nur der Steuer einen Riegel vorschieben121. Fassion des Verfassers der Liliputischen Steuerfassion. Da ich noch nicht weiß, wieviel mir diese Schrift eintragen wird, so kann ich mich zu nichts Bestimmten erklären122. “ Wesentlich differenzierter und ernsthafter behandelt dieses Thema das gleichzeitig entstandene Schauspiel in drei Aufzügen „Die Kriegssteuer“123, das von Emst Wan- germann nicht zuunrecht mit Karl Kraus' „Die letzten Tage der Menschheit“ vergli­chen wird124. Dieses Stück zeugt unter anderem von der Rezeption der Aufklä­rungsideen etwa eines Lessing oder eines Herder in Wien. Neben einer herausste­chenden ironisch-satirischen Wirtshausszene, in der drei kleine Beamte bei Schmaus und Trank über den wenig rühmlichen Feldzug des abgelaufenen Jahres (1788) und die schweren Belastungen durch die neue Steuer „diskutieren“, ist von der Aussage her vor allem Marianne, die Tochter des Hofrats von Lamberg, beachtenswert, die Emilia Galotti liebt und die Rousseausche Abscheu gegen das menschliche Blutver­gießen teilt, wenn der im Türkenkrieg als Leutnant dienende Bruder von seinen Heldentaten erzählt125. Als ihr der reiche Onkel angesichts der finanziellen Einbußen durch die Kriegssteuer die für die geplante Hochzeit versprochene Mitgift verwei­gert, erscheint als „Retter in der Not“ Dorsuffi, ein Türke, der samt seinem wertvol­len Wallachen gefangen und nach Wien gebracht worden ist. Ähnlich wie Selim Bassa in Mozarts Entführung, zeigt auch er sich großzügig und ermöglicht mit dem Verkauf des Pferdes das Eheglück126. Angesichts dieser Güte und des offensichtli­chen Fehlens eines legitimen Kriegsgrundes sind sich am Ende des Stückes alle plizierten Schreiben von Personen mit nichtsteuerbaren Vermögen oder Einkommen, die jeweils mit „Ich Endesgefertigter...“ zu beginnen hatten. 119 Perinet: Liliputische Steuerfassion, S. 27. 120 Ebenda, S. 58 (Anspielung auf die Prostituierten-Razzien und die Kopfschur derselben im Gefängnis). 121 Ebenda, S. 90. 122 Ebenda, S. 104. 123 (anonym:) Die Kriegssteuer. Ein Schauspiel in drei Aufzügen, nach einer wahren Geschichte gearbeitet, den Willigen zum Vergnügen, und dem Murrenden zur Belehrung, während dem Winter- Quartiere aufzufuhren. Wien 1789. 124 Wangermann: Nulla salus bello, S. 51. 125 Ebenda, S. 46. 126 Ebenda, S. 69. 79

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