Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)

HÖDL, Sabine: Eine Suche nach jüdischen Zeugnissen in einer Zeit ohne Juden. Zur Geschichte der Juden in Niederösterreich von 1420 bis 1555

Sabine Hödl Wien von Hirschl aufgesucht worden sei74 75. Offenbar ging es bei diesem Treffen um Schulden in der Höhe von 4 000 Gulden rheinisch, die der Vater des Hans von Rei­chenberg bei Hirschl gemacht hatte. Am 7. Februar 1513 erging ein Schreiben Maxi­milians I. an Hirschl, in dem er zu dieser Sache meinte, daß die Schuld des Hans von Reichenberg durch Maximilian selbst und die finanziellen Erfordernisse für das Land entstanden seien und er zuerst seine Schulden bei Reichenberg begleichen müsse, was in nächster Zukunft geschehen sollte. Hirschl wurde empfohlen, daß in Betracht der Vergünstigungen, die er bisher aus unsern lannden gehabt hätte, und weil die Schuld durch die finanziellen Bedürfnisse für die Länder entstanden seien, keine weiteren Forderungen an den Reichenberger zu stellen, sondern abzuwarten, bis ihm die Schuld bezahlt werde15. 1515 stellte Hans von Reichenberg dem nun schon in Zistersdorf lebenden Hirschl einen Brief aus, in dem er bekanntgab, daß er mit Hirschl einen Vertrag wegen etlicher Schuldbriefe seines Vaters über die Summe von 3 900 und etlichen Gulden abgeschlossen habe76. Das sogenannte Innsbrucker Libell Maximilians I. vom 24. Mai 1518, welches zur Ausweisung der Juden aus Eggenburg führte, macht die Sonderstellung, die Hirschl innehatte, deutlich, denn hier heißt es, daß die Juden nicht länger im Land bleiben sollten, ausgenommen Hirschl, dieweil man ihm viel schuldig ist, mueß man pacienz mit ime haben. Dafür sollte auch er sich seinen Schuldnern gegenüber abwartend verhalten77. Der Kaiser beharrte damit den Ständen gegenüber auf dem Verbleib des Hirschl und war darauf bedacht, daß diesem die Schulden beglichen wurden - von Schuldnern wie Hans von Reichenberg oder auch den Stubenbergem, mit welchen nicht nur Hirschl, sondern auch seine Kinder weit über Hirschls Tod hinaus um nicht zurückgezahlte Schulden prozessierten78. Nach dem Tod Hirschls traten über kurze Zeiträume hinweg andere Mitglieder seiner Familie, die aus zwei Zweigen bestand, in den Vordergrund. Der Zistersdorfer Teil der Familie wurde nach Hirschls Tod von seinem Schwiegersohn Mändl, einem aus Eger in Böhmen eingewanderten Juden, übernommen. Hirschls Schwester Lea, die mit Isak von Triest verheiratet gewesen war und nach dessen Tod wieder nach Eisenstadt zurückkehrte, leitete bis zu ihrem Tod 1530/31 den Eisenstädter Famili­enzweig. Danach kümmerte sich Mändl von Zistersdorf auch um diese Geschäfte. T s c h e c h: Maximlian (wie Anm. 5), S. 26. Tschech geht, S. 24-26, kurz auf Hirschl und seine Sonder­stellung bei Maximilian ein, kennt jedoch nicht alle Urkunden. Ebenda, S. 70, weitere kurze Erwähnung im Zusammenhang mit den Stubenbergem. 75 HHStA Wien, Allgemeine Urkundenreihe [AUR] 1513 Juli 7, Oberwesel am Rhein. 76 HKA Wien, Hoffinanz, Faszikel rote Nr. 1, fol. 62r (1515 Dezember 10). Hans von Reichenberg bekannte sich dazu, daß er in vier jarn nach ausweisung aines schuldbrieffs benenllich zway tausennd guidein reinisch oder sovil lanndgebiger munß ausrichten und betzallen soll und umb die übrig suma gellts, ain tausennd neun hundert und etlich guidein verpflichtete er sich, die Sachen bey ksl. Mt. als herrn und lanndsfurssln, von dannen die schuld herruerdt, zehanndln und muglichen vleis furkheren die ganntz haubt suma innhalt der Schuldbrief zu bekommen. 77 Pribram: Urkunden und Akten (wie Anm. 3), S. 7. Rosenberg: Beiträge zur Geschichte der Juden (wie Anm. 3), S. 101, meint, daß Hirschl und seine Familie mit dem Herrscher selbst in regem Geldver­kehr standen und sich dessen besonderer Gunst erfreuten. 78 Hödl: Juden in Niederösterreich (wie Anm. 2), S. 58-59 und S. 63-65. 292

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