Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)
ERNST, Hildegard: Geheimschriften im diplomatischen Briefwechsel zwischen Wien, Madrid und Brüssel 1635–1642
Hildegard Emst Bd. 42/1992 der Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs wiedergegeben ist, sind die Zahlen in Zweierpäckchen fortlaufend jeweils um nur wenige Stellen versetzt dem Alphabet zugeordnet. Bei E sieht die Chiffrierliste auf den ersten Blick recht unregelmäßig aus. Schaut man jedoch genauer hin, so erkennt man doch ein System. Der erste Durchgang durch das Alphabet ergibt zwei fast geschlossen fortlaufende Zahlenreihen, wenn man die Buchstaben in der auf S. 222-223 gezeigten Weise neu ordnet. Bei der dritten und vierten Reihe sind die Vokale gesondert zu betrachten: Stellt man sie an die Spitze der Liste (das „y“ wurde, weil es meist für „ii“ steht, zu den Vokalen gerechnet), so ergibt sich ein geschlossenes System, aus dem nur die Zahl 32 herausfallt: Die Vokale werden in zwei parallelen lückenlosen Reihen von 34 bis 45 dargestellt, die Konsonanten in einer lückenlosen Zweierreihe von 46 bis 81. Das Beispiel zeigt, daß es sich lohnt, beim Rekonstruieren und erst recht beim „Knacken“ von Codes nach einem System zu fahnden, weil man dadurch dem Schlüssel schneller auf die Spur kommt und fehlende Zeichen ergänzen kann. Die Kenntnis unterschiedlicher Systeme erleichtert diese Arbeit. Ein weiterer Unterschied zwischen den drei Codes liegt darin, daß bei C nur die Vokale mit einem Phantasiezeichen belegt sind, bei E und F jedoch alle Buchstaben (bei E mit Ausnahme von „w“, „x“ und „y“. Die Lücke kann aber auch daher rühren, daß in den für die Rekonstruktion verwendeten Schreiben die entsprechenden Zeichen, obwohl im Code vorgesehen, nicht benutzt wurden). Weiterhin weist C keine Sonderzeichen für Kurzwörter und keinen Nomenklator auf, was aber auch darauf zurückzuführen sein kann, daß die Schreiber der ausgewerteten Briefe auf die Benutzung dieser Zeichen verzichtet haben. Der Nomenklator von Code F (vgl. S. 231) läßt ein System erkennen, das dem bei den „Ziffern“ A und B festgestellten sehr ähnlich ist. Die fortlaufende Zahlenreihe weist vier Gruppen von Begriffen auf: 1. Personen, 2. Titel, 3. geographische Begriffe, 4. weitere Personen und sonstige Wörter. Personen und Titel sind nach dem gesellschaftlichen Rang, die geographischen Begriffe dagegen nach dem Alphabet geordnet. In der vierten Gruppe scheinen Wörter versammelt worden zu sein, die man in den vorangegangenen Reihen vergessen hatte. Dem Nomenklator gehen die Artikel „der, die, das“ voran. Nach dem Nomenklator erscheint eine weitere Gruppe von Kurzwörtern. Die Nullas (Zeichen ohne Bedeutung, die den unbefügten Leser irrefiihren sollen) besetzen Zahlen zwischen den Artikeln und dem Nomenklator bzw. solche, die mit großem Abstand auf die letzten Wörter folgen. Die wenigen Zeichen, die vom Nomenklator von Code E zu ermitteln waren, deuten auf eine ähnliche Organisation hin. Allen drei Schlüsseln gemeinsam ist das streng systematische Silbensystem. Die Silben sind nach den fünf Vokalen in Fünfergruppen und diese wieder nach den Konsonanten alphabetisch geordnet und mit einer fortlaufenden ununterbrochenen Zahlenreihe versehen. Code C führt zuerst die konsonanten-, dann die vokalanlautenden Silbengruppen auf. Bei E und F folgen abwechselnd je fünf vokal- und fünf konsonantenanlautende Fünfergruppen. Bei solch strenger Systematik und solcher Ähnlichkeit zwischen den einzelnen Codes liegt es auf der Hand, daß der unbefugte Leser, der einige Erfahrung mit der 210