Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)
EDEL, Andreas: Johann Baptist Weber (1526–1584). Zum Lebensweg eines gelehrten Juristen und Spitzenbeamten im 16. Jahrhundert
Webers dritte Tochter Ursula heiratete Jakob Kurz von Senftenau, der aus dem Toblacher Zweig eines bereits im 14. Jahrhundert erwähnten Tiroler Adelsgeschlechtes stammte339. Seine Brüder machten in bayerischen und habsburgischen Diensten Karriere, er selbst war seit 1579 kaiserlicher Reichshofrat und seit 1593 Reichsvizekanzler* 360. Im übrigen ist es für den Einfluß Webers am Wiener Hof bezeichnend, daß zwei seiner Nachfolger jeweils auch seine Schwiegersöhne waren, so daß diese Ehen, wenn sie denn nicht vornehmlich deshalb geschlossen worden waren, sich für deren Karrieren äußerst förderlich ausgewirkt haben. Dadurch konnte leicht der Eindruck entstehen, als ob das Amt des Vizekanzlers durch Weber und seine Angehörigen „something of the aspect of a family preserve“ angenommen habe361. Auch die beiden Söhne Webers machten sich die weitreichenden Beziehungen ihres Vaters nutzbar. Johann Baptist Weber d. M. konnte wie seine Schwestern in erste Kreise einheira- ten. Seine wenige Monate vor dem Tod des Vaters geschlossene Ehe verband ihn am 17. August 1583 mit Anna Katharina von Preysing, die über ihren Vater Albrecht von Preysing und ihre Mutter Ursula von Freyberg zu den führenden landsässigen Adelsgeschlechtern in Bayern gehörte362. Nicht zuletzt waren aus diesen Familien hohe Beamte des Münchner Herzogshofes hervorgegangen363, so daß zu vermuten ist, daß die eheliche Verbindung über alte Kontakte Webers nach München in die Wege geleitet worden war. Johann Baptist Webers zweiter Sohn Otto Cyriak konnte angesichts des Erbrechts seines Bruders erst nach dessen Tod als Vormund seiner Neffen stärker in den Vordergrund treten364. Erst Jahre nach dem Tod des Vaters heiratete er 1591 eine Maria Veronika von Ursenbeck, die eine Tochter Anna Maria Baumgartners und damit eine entfernte Verwandte Webers war. Ob Beziehungen des Vaters zur Familie Baumgartner bei der Eheanbahnung eine Rolle gespielt hatten, ist nicht feststellbar, zumal die Ehe kinderlos blieb und sich Otto Cyriaks Spuren in der nächsten Generation verlieren. Trotz der finanziellen Situation der Familie, dem relativ großen Grundbesitz, der Position des Vaters und der Landständigkeit blieben die Kinder also dem Milieu eng verbunden, dem ihr Vater auf Grund seines Berufsstandes zugehörte. Denn in der Lebenswelt bürgerlicher Räte waren es eher Studienfreunde bzw. Berufskollegen am Johann Baptist Weber (1526-1584). Zum Lebensweg eines gelehrten Juristen Das Datum der Eheschließung ist nicht bekannt. 360 Groß: Reichshofkanzlei, S. 319-321; Kneschke; Adels-Lexicon 5 (1864), S. 338 f. 361 Schwarz: Privy Council, Bd. 2, S. 381 f. 362 Schloßarchiv Maissau, Urkunden 1/62, sowie Akten, Fasz. 48, Kart. 136, Nr. 62, Heiratsvertrag (nach dem Archivbehelf im NÖLA Wien); HStA München, Äußeres Archiv, Personenselekt 494, Weber, fol. 4, Heinrich von Preysing, Pfleger in Reichenhall, an Herzog Wilhelm V. von Bayern, 1591 Mai 10 (s. auch unten). 363 Vgl. Lanz inner: Zentralbehörden, S. 307-309. 364 Siebmacher (wie Anm. 11). Die Belehnung mit dem vormundschaftlich zu verwaltenden Erbe der Söhne Johann Baptist Weber d. M. durch den Kaiser erfolgte 1593 August 9 (Schloßarchiv Maissau, Urkunden, 1/118 [nach dem Archivbehelf im NÖLA Wien]). 179