Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)

EDEL, Andreas: Johann Baptist Weber (1526–1584). Zum Lebensweg eines gelehrten Juristen und Spitzenbeamten im 16. Jahrhundert

Andreas Edel ein Anlagegeschäft, sondern sollte angesichts der nur wenige Schritte von der Hof­burg entfernten Herrengasse wohl auch eine gewisse Annehmlichkeit für Weber und seinen ebenfalls am Hof beschäftigten Sohn schaffen. Die Lage dieses Wohnsitzes in der Herrengasse ist aber auch insofern von Bedeu­tung, als der Charakter dieser Straße bereits 1566 fast ausschließlich von den Palais des landständischen Adels geprägt war, so daß man von einer bevorzugten Wohn- adresse der österreichischen Aristokratie und der Nobilitierten bürgerlicher Abkunft sprechen könnte - auch wenn die Ansiedlung von bestimmten sozialen Gruppen in den Wiener Stadtvierteln noch im Fluß war354. Wie bei allen anderen Kaufoptionen Webers läßt sich also auch hier eine enge Verquickung von wirtschaftlichen Interessen mit dem Bestreben feststellen, den neuerworbenen sozialen Status sinnfällig nach außen zu dokumentieren, indem die Lebensgewohnheiten des landständischen Adels, dem man jetzt angehörte, möglichst genau nachgeahmt wurden. VII Diese Imitation herrschaftlicher Lebensformen wird zu einem Teil auch Minder­wertigkeitsgefühlen gegenüber alteingesessenen österreichischen Adelsfamilien entsprochen haben. Denn zwischen diesen und der Aufsteigerfamilie Weber gab es, zumindest was das Konnubium in den ersten beiden Generationen anging, noch deutliche Barrieren. Es ist zumindest auffallend, daß fast alle Kinder Webers in Familien einheirateten, in denen Juristen entweder am Reichskammergericht, im bayerischen Hofdienst oder in Wien nachweisbar sind, so daß diese mit Weber in dienstlichen Kontakt gestanden haben könnten. Die 1585 geschlossene Ehe Katharina Elisabeths mit Reichshofrat Freymon wurde bereits erwähnt. Webers zweite Tochter Sabina heiratete 1581 [Wolfgang] Dietrich Blarer von Wartensee355, der einem vornehmen St. Gallener Patriziergeschlecht, vermutlich der katholischen Linie Wartensee/Aesch, entstammte. Ein Mitglied dieser Familie war 1563 Assessor am Reichskammergericht356, so daß auch hier Beziehungen zu Wiener Juristenkreisen bestanden haben könnten. Möglicherweise war der Schwiegersohn Webers ein Bruder des Baseler Bischofs Jakob Christoph357, was bedeuten könnte, daß er wie viele seiner Verwandten in fürstbischöflichen Diensten gestanden hatte und in einer solchen Funktion auch an den Kaiserhof gekommen war358. 354 Vgl. Lichtenberger, Elisabeth: Die Wiener Altstadt. Von der mittelalterlichen Bürgerstadt zur City. Wien 1977, S. 97 u. ö., Kartenband Nr. 5. 355 Schloßarchiv Maissau, Urkunden, Reihe I, Nr. 114, sowie Akten, Fasz. 48, Kart. 136, Nr. 63, Heiratsver­trag, 1581 Oktober 2 (nach dem Archivbehelf im NÖLA Wien). 336 Bartholomäus Blarer, der allerdings nicht derselben Linie entstammte, vgl. ADB 2 (1875), S. 693 (M u t h e r, Theodor). 357 Zu ihm neuerdings May: Bischöfe, S. 26-29. 358 Zu den verwandtschaftlichen Beziehungen der Blarer v. a. Historisch-biographisches Lexi­kon der Schweiz, hrsg. von Heinrich Türler [u. a.]. Bd. 2. Neuenburg 1924, S. 265-267. 178

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