Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)

EDEL, Andreas: Johann Baptist Weber (1526–1584). Zum Lebensweg eines gelehrten Juristen und Spitzenbeamten im 16. Jahrhundert

Andreas Edel Auf die Notwendigkeit solcher Fallstudien wurde erst jüngst auf der Tagung des Arbeitskreises „Frühe Neuzeit“ in Gießen im September 1995 hingewiesen. Wenn im folgenden die Karriere des aus einer schwäbischen Arztfamilie stam­menden Ingolstädter Ordinarius, Landshuter Kanzlers und kaiserlichen Spitzenbe­amten Dr. Johann Baptist Weber nachgezeichnet werden soll, so erfolgt dies im Bewußtsein, daß Weber nicht der erste Aufsteiger bürgerlicher Abkunft war, der über eine solche Laufbahn in die höchsten Ebenen der kaiserlichen Verwaltung ge­langt war. Das Besondere seines Lebensweges ist vor allem durch die herausgehobe­ne Position bezeichnet, die er als Reichsvizekanzler und enger Berater der Kaiser Ferdinand I., Maximilian II. und Rudolf II. in einem Zeitraum von über zwanzig Jahren am Wiener Hof bekleidete. Darüber hinaus läßt sich Webers Lebensweg nicht nur aus dem Niederschlag seiner Tätigkeit in den Akten, sondern auch aus den zahl­reichen, beinahe täglich nach München weitergegebenen Berichten bayerischer Agenten und Informanten am Kaiserhof rekonstruieren, die oftmals auch Abschrif­ten wichtiger Dokumente aus den Kanzleien und Schreibstuben der kaiserlichen Behörden enthalten. Durch ihre Aussagekraft und ihren Detailreichtum stellen diese Korrespondenzen und Akten erstklassige Quellenzeugnisse dar, die einen Blick nicht nur auf die Person Webers, sondern auch auf den Zustand des kaiserlichen Hofes in den so spannungsreichen Jahrzehnten nach dem Abschluß des Augsburger Religi­onsfriedens von 1555 ermöglichen5. Mit diesem Beitrag kann zudem eine weitere Lücke in einer Reihe von biographischen Studien und Skizzen zu wichtigen Per­sönlichkeiten der kaiserlichen Verwaltung6 bzw. zur Struktur und Zusammensetzung der Wiener Zentralbehörden in der Regierungszeit Ferdinands I. und Maximili­ans II.7 * geschlossen werden. 5 Vgl. etwa die hauptsächlich auf diese Bestände gestützte Studie von Lanzinner, Maximilian: Geheime Räte und Berater Kaiser Maximilians II. (1564-1576). In: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung [MIÖG] 102 (1994), S. 296-315. Vogel, Walter: Der Reichsvizekanzler Georg Sigmund Seid. Sein Leben und Wirken. Leipzig 1933; neuerdings die Beiträge von Edelmayer, Friedrich: Ehre, Geld, Karriere. Adam von Dietrichstein im Dienst Kaiser Maximilians II., S. 109-142, und Martels, Zweder von: On his majesty’s service. Auge­rius Busbequius, Courtier and Diplomat of Maximilian II, S. 169-181, beide in: Edelmayer, Friedrich - Kohler, Alfred (Hrsg.): Kaiser Maximilian II. Kultur und Politik im 16. Jahrhundert. Wien-München 1992 (Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit 19); N i c k 1 a s, Thomas: Um Macht und Einheit des Reiches. Konzeption und Wirklichkeit der Politik bei Lazarus von Schwendi (1522-1583). Husum 1995 (Historische Studien 442); zu Johann Ulrich Zasius bereitet Anja Meusel, Universität Erlangen, eine Dissertation vor. Immer noch grundlegend die Forschungen von Groß, Lothar: Die Geschichte der deutschen Reichshof­kanzlei von 1559 bis 1806. Wien 1933 (Inventare österreichischer staatlicher Archive 5, Inventare des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs l);Gschließer, Oswald von: Der Reichshofrat. Bedeutung und Verfassung, Schicksal und Besetzung einer obersten Reichsbehörde von 1559 bis 1806. Wien 1942 (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte des ehemaligen Österreich 33); Schwarz, Henry Frederick: The Imperial Privy Council in the seventeenth century. Cambridge [u. a.] 1943; neuer­dings Lanzinner: Berater. 112

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