Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 44. (1996)

STRIMITZER, Birgit: Der k. k. Staatsrat Friedrich Freiherr Binder von Krieglstein, Freund und Sekretarius des Staatskanzlers Kaunitz. Ein Beitrag zur Klientelpolitik der maria-theresianischen Epoche

Castellan) bzw. zur Haltung einzelner Staaten zum Anschluß (Gordon Brook- Sheperd, Alfred D. Low, Georg Kreis). Das Vorfeld des Anschlusses abzuklären, gilt das Bemühen der Beiträge von Gerald Stourzh zur „Außenpolitik der österreichischen Bundesregierung gegen­über der nationalsozialistischen Bedrohung“ und von Gerhard Jagschitz, der gleichsam die „fünfte Kolonne“ der reichsdeutschen Agression, näm­lich die „österreichischen“ Nationalsozialisten, behandelt. Wirtschaftliche Aspekte des Anschlusses (Norbert Schausberger und Felix Butschek) und mili­tärische (Erwin A. Schmidl) leiten über zu Analysen der Situation unmittelbar nach dem März 1938 (Herbert Rosenkranz, Peter Pulzer, Erika Weinzierl, Gerald Stourzh, Gerhard Botz, Hans Mommsen, Radomir V. Luza, Ernst Ha- nisch, Hans Ulrich Thamer). Naturgemäß sind derartige Beiträge von unterschiedlicher Qualität und In­tensität, wobei bisherige Vorarbeiten der Autoren teilweise dominant hervortre­ten können, ohne daß nennenswerte neue Ergebnisse beigefügt werden. Dies ist aber nicht grundsätzlich als negative Kritik zu werten, da derartige Beiträge eben auch in der bewußt angestrebten polariserenden Positionierung wertvoll die Diskussion beleben können. Andererseits führt aber gerade das Beibehalten der eigenen Forschungsergebnisse häufig dazu, daß die Rezeption neuester Literatur ausgeschlossen wird. Carstens Beitrag sei dafür stellvertretend genannt, da er neben seiner äußerst peniblen Quellenkenntnis nur sich selbst zitierend ein­bringt, was zumindest im Hinblick auf die Dissertation von Siegfried Beer1 unverständlich ist. Das Gegenstück zu Carstens Quellen-dominierten Arbeit ist Weinzierls Litera­turrevue zur österreichischen Widerstandsforschung. Stourzh hat in der an­schließenden Diskussion Fragenkomplexe eingebracht, die als Desiderata der österreichischen Widerstandsforschung angesprochen werden müssen. Literaturschauen scheinen problematische Verkürzungen zu forcieren, über die Wochenschrift Hildebrands „Der christliche Ständestaat“ findet sich bei Weinzierl lediglich eine rund dreizeilige Mitteilung, gerade aber die Auseinder- setzung mit dem Mitarbeiterkreis hätte die Spannbreite des intellektuel­len Widerstandes in diesem Konnex deutlich machen können (Joseph Roth, Ernst Krenek, Walter Mehring seien stellvertretend genannt), ebenso eine Aus­einandersetzung mit den Themenkreisen dieses Publikationsorganes. Und noch etwas: Man sollte sich endlich freimachen von der Übernahme nationalsoziali­stischer Begriffe in der Katalogisierung von politischen Zuordnungen: sie sind nämlich undifferenziert und bewußt tendenziös. Der Beitrag Weinzierls krankt überdies daran, daß er organisierten, gruppenspezifischen Widerstand neben bewundernswerte Einzelschicksale stellt, die gleichsam den spärlich vorhande­nen Widerstand einzelner Reichshälften abdecken sollen. Dies ist aber nicht Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 44/1996 - Rezensionen 1 Beer, Siegfried: Der „unmoralische“ Anschluß. Britische Österreichpolitik zwischen Containment und Appeasement 1931—1934. Wien-Köln-Graz 1988. 406

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