Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 44. (1996)

STRIMITZER, Birgit: Der k. k. Staatsrat Friedrich Freiherr Binder von Krieglstein, Freund und Sekretarius des Staatskanzlers Kaunitz. Ein Beitrag zur Klientelpolitik der maria-theresianischen Epoche

Der Autor, der sich auch in diesem Buch als Fachmann mit fundiertem Wis­sen zur Geschichte Südosteuropas ausweist, hat sich diese nachlässige Betreuung von seiten des Verlags nicht verdient. Vor allem die Kapitel über die Quellen zur südosteuropäischen Geschichte und über Geschichtsschreibung und Ge­schichtswissenschaft enthalten dichtes Faktenmaterial. Doch wenn man auch anerkennen muß, daß Kaser den Gegenstand seiner Forschung und Darstellung wissensmäßig voll beherrscht, so muß an dem Buch doch auch noch in einem weiteren Aspekt Kritik geübt werden: der Autor begnügt sich nicht damit, „einen verlässlichen und verständlichen Leitfaden für alle“ vorzulegen, „die sich für Südosteuropa ... interessieren“; er hielt es für notwendig, im Sinne der Theorie- und Methodendiskussion der 1970er Jahre den Versuch zu unterneh­men, das Teilgebiet „Südosteuropäische Geschichte“ in Theorie und Methode zu einer eigenen Fachdisziplin zu erheben. Wie von einem Minderwertigkeitskomplex getrieben hat er Argumente ge­sammelt und aufgelistet, die die Besonderheit und Eigenständigkeit eines Faches „Südosteuropa“ dokumentieren und begründen sollen. Dabei hat die Einrichtung einer Professur für südosteuropäische Geschichte an der Universität Graz ihren Ursprung in - im übrigen nicht unberechtigten - politischen Überlegungen. Aber daß südosteuropäische Geschichte als regionales Teilgebiet nicht anders zu werten ist als westeuropäische, nordeuropäische, afrikanische oder andere nach geographischen Gesichtspunkten an den verschiedensten Universitäten angesie­delte Spezialbereiche will der Autor nicht gelten lassen. Kaser sieht - und das durchaus zurecht - die Geschichte Südosteuropas von den geographischen Gegebenheiten wie von den ethnisch-sprachlichen Struktu­ren ebenso wie von den verschiedenartigen historischen Traditionen und von einer Vielfalt von Wirkungskräften geprägt. Doch daraus abzuleiten, daß „Südosteuropäische Geschichte“ ein Sonderfach ist, dessen Besonderheit in der „Einheit in der Vielfalt“, sowie in der „Ungleichzeitigkeit der Entwicklungen“ liegt, heißt doch den Bogen von Scheintheorien etwas zu überspannen. Ein Lehrstuhl für südosteuropäische Geschichte hat an dem Standort Graz, am Rande jenes geographischen Bereiches, den man aus Zweckmäßigkeitsgründen unter dem Terminus Südosteuropas zusammengefaßt hat, seine Berechtigung und auch seine Tradition. In dieser Tradition fortzufahren und das Wissen um die Geschichte dieses Raumes in die allgemeine Geschichte zu integrieren ist als Aufgabe voll ausreichend. Karl Kaser hat sich in dieser Aufgabe bewährt - er hätte es nicht nötig, sich in eine Theorie- und Strukturdiskussion hineinzustei­gern, nur um aus der Peripherie der allgemeinen Geschichte in die Selbständig­keit eines Sonderfaches zu übersiedeln. Überall, wo es um die Vermittlung von Wissen als Einführung in die Besonderheiten der vielfältigen Stränge der süd­osteuropäischen Geschichte geht, ist Kasers Buch informativ und vor allem auch nützlich - als Einführung in die Geographie, die nationale Gliederung, in die Quellen und Geschichtsschreibung der südosteuropäischen Länder vermittelt das Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 44/1996 - Rezensionen 364

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