Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 44. (1996)
STRIMITZER, Birgit: Der k. k. Staatsrat Friedrich Freiherr Binder von Krieglstein, Freund und Sekretarius des Staatskanzlers Kaunitz. Ein Beitrag zur Klientelpolitik der maria-theresianischen Epoche
Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 44/1996 - Rezensionen In einer Analyse der Interessenlage und der daraus resultierenden Haltung konnte Elz zeigen, wie sehr der Kretische Aufstand, ein Teilaspekt der Orientalischen Frage, in dieser kurzen Zeit zum zentralen Thema der Politik der Mächte, Italien ausgenommen, wurde und ihre Beziehungen zueinander bestimmte. Aus dieser quellenmäßig wohlfundierten Untersuchung wird sichtbar, daß Frankreich die aktivste Rolle, gefolgt von Rußland und Österreich, spielte. Verhandlungen zwischen diesen drei Großmächten verliefen allerdings in der Weise, daß der Dritte von den Verhandlungen und Absprachen zwischen den beiden anderen nicht informiert wurde. Frankreich verfolgte zunächst eine konservative Politik, suchte aber auf dem Umweg über die Kretafrage von Rußland Hilfe für seine eigene Mittel- und Westeuropapolitik zu erlangen, wofür es gegebenenfalls bereit war, eine Abtretung Kretas an Griechenland in Kauf zu nehmen, wogegen England unverbrüchlich an der territorialen Integrität des Osmanischen Reiches festhielt. Rußland dagegen verlangte schon im September 1866 die Gewährung einer Autonomie für Kreta nach dem Muster von Samos, versuchte ferner die Signatarmächte des Pariser Friedens zu einer Intervention zugunsten einer Abtretung Kretas oder zu einer Nichtinterventionserklärung als Vorbereitung für weitere Unruhen im Osmanischen Reich zu bewegen. Österreich, das sich nach Beendigung des Krieges mit Preußen wieder in die internationale Politik einschaltete, trat für eine Einstellung der panhellenistischen Propaganda ein, um eine Konfliktsituation im Orient zu vermeiden. Der Kernsatz der österreichischen Politik seit Metternich, die uneingeschränkte Erhaltung des Osmanischen Reiches, galt für die Minister des Äußern seit 1859 schon nicht mehr, seit Pläne für die Beerbung des Osmanischen Reiches auch von österreichischer Seite nachweisbar sind. So reagierte auch Mensdorff auf einen im Oktober 1866 eingetroffenen Vorschlag Moustiers, einer Entente zwischen England, Frankreich und Österreich, mit der Bereitschaft, sich den beiden anderen Mächten, sollten sie ihren Kurs bezüglich der Erhaltung der Türkei ändern, ein Stück auf ihrem neuen Weg anzuschließen. Für Beust, der bei Napoleon III., persona gratissima war, stellte der Kretische Aufstand das Debut in der Politik dar. Beust, der im Laufe der letzten Jahrzehnte von Historikern wie Baumgart und Lutz und auch bei Elz eine positivere Beurteilung als früher erfuhr, versprach sich von einer Wiederbelebung der seit 1856 intermittierend tagenden Pariser Konferenz zur Revision des Friedensvertrages von 1856 und der Ausarbeitung von Reformen der Rechte der christlichen Völker im Osmanischen Reich unter Ausschluß der Türkei gegen Aufgebung der Restriktionen des Pariser Friedens, d. h. der Aufhebung der Neutralisierung des Schwarzen Meeres, eine Gesamtlösung der Orientalischen Frage. Moustier lehnte Beusts Plan ab, sprach sich, anknüpfend an französisch-russische Verhandlungen, für eine Autonomielösung für Kreta aus, die er Österreich gegenüber mit dem Argument, dadurch werde ein Anschluß Kretas an Griechenland verhindert, verteidigte. Ein von Moustier und Napoleon III. ausgearbeiteter, Gorcakov vorgeschlagener Plan, sah, außer der Aufgabe der serbischen Festungen, den 318