Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 44. (1996)
KALMÁR, János: Regierungsnormen Karl Habsburgs (Karl VI.) vor seiner Kaiserwahl im Jahr 1711
Regierungsnormen Karl Habsburgs vor seiner Kaiserwahl 1711 prinzipiellen Herrschaftsnormen Karls an; dies umso mehr, als er einige von diesen bereits in Spanien zur Geltung bringen lassen wollte. Bevor Karl Ende September 1711 die Iberische Halbinsel endgültig verließ und seine Gemahlin, Königin Elisabeth Christine als gobernadora general Spaniens und Vizekönigin Kataloniens16 in Barcelona zurückließ, hatte er seine Überlegungen in ausführlichen Instruktionen für die dortige Regierung zusammengefaßtI7. Karl empfiehlt darin, Kammerdiener aus verschiedenen Nationen zu engagieren, sowohl katalanische als auch aus Kastilien Damen und Knaben anzustellen18, und macht die Königin auf die katalanischen Privilegien aufmerksam, die weitgehend berücksichtigt werden sollen, damit kein Grund für Klagen gegeben werde. In jenen die fueros betreffenden Fragen soll Elisabeth Christine Ramón Vilana Perlas und Domingo de Aguirre - zwei Ortsansässige - konsultieren. Denn der Humor der Spanier ist so empfindlich und eyfersüchtig, daß sie von keinem als ihrenn Herrn wollen gubemiret werden, weniger von einem ihres gleichen und gar nicht von einem Ausländer. Und wann solches geschehen ist, seynd allzeit schädliche Sachen erstanden, welche in deinem Guberno zu meiden, du absonderlich auch vor deinem Dienst wirst Acht geben müssen, daß keiner, auch in der Giunta selbst, nicht mercke, daß du in deinen Resolutionen gewöhnlich mehr eines als der anderen Meynung folgest..., oder einem mehr Zutritt zu dir ... als anderen gebest, sondern daß du blos denen Raisonen nach deiner Resolution fassest, in diesem must auf alle Weis suchen, nicht die geringste Soupion denen Leuthen zu geben, dan das dero am meisten deiner Lieb, Ehr und gute Gubemo schaden wird. Auch in den Instruktionen kommt die Rede auf die Justiz. Diese soll ebenso rasch wie wirkungsvoll funktionieren, dürfe aber nur in wenigen und begründeten Fällen nachsichtig sein. Ihrer Aufgabe entsprechend sollte sie der Gerechtigkeit dienen, ohne Rücksicht auf den Status, und Witwen und Waisen schonen bzw. nicht zu deren Nachteil agieren. Wenn die Königin in der Justiz Parteilichkeit erkennen würde, solle sie dagegen mit äußerster Strenge auftreten, dan die Justiz die principal Base der Regierung und der Segen Gottes ist, dan wegen selber die Königreiche von Gott transferiret werden und Gott nichts Gefälligeres als dies ist, also du dir es höchst angelegen seyn lassen, und wie die üblen abstraffen, also auch die guten Ministres belohnen und souteniren werdest, mit diesem wirst den Segen Gottes und Lieb der Unterthanen haben, und damit ein glücklich und glorios Gubemo machen. 16 HHStA Wien, Hausarchiv, Familienkorrespondenz A, Karton 34, fol. 14v. 11 Das eigenhändige Exemplar befindet sich in HHStA Wien, Hausarchiv, Familienkorrespondenz A, Karton 34, fol. 23r-29r. Da aber in diesem sehr viele Streichungen, Einschaltungen und Korrekturen enthalten sind, zitiere ich im folgenden nach der Abschrift (fol. 11r 21v), die den Titel „Erinnerungs- Puncte, welche ich vor eine geheime Instruction meiner Königin bey meiner Reiß in Teutschland zu Ihm besseren gubemo hinterlasse“ trägt; sie ist datiert in Barcelona, 1711 September 25. 18 „... Wolltest auch absonderlich suchen, mit deinen guten maniren und gnädigen Worten diese Nation alleweil mehr zu gewinnen, dann sie ohne dem ein absonderliche lieb gegen dich zeigen, welche höchst nöthig ist ferner zu conserviren, absonderlich in die Städte und communes Vertrauen zeigen, auch die Dames von dieser nation sowohl als Castiglianer kommen lassen, und gnädig mit ihnen weilen mögest, absonderlich vor ihnen kein Verlangen zeigen, balb hinauszugehen, dann dis hier gar üblen effect machen munte, sondern dich in diesem indifferente zeigest ...Wenn ein oder andrer Castiglianer, Valentianer oder hiesiger verlangt Knab zu werden, wirst sie aufnehmen, dan gut von allen Nationen Unterthanen haben ... Im übrigen die Hofstaat betreffend, umb daß sie genug zu deiner Bedienung, doch auch nicht überflüssig seye, um sie leichter unterhalten zu können ...“. 141