Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 43. (1993) - Festschrift für Rudolf Neck zum 65. Geburtstag

JEŘÁBEK, Rudolf: Die ukrainischen Benderbanden – Ukrainische Partisanen als Boten des nicht ganz so „Kalten Kriegs“ in Österreich

Rudolf Jerábek den bereits in Ermattung befindliche ukrainischen nationalistischen Wi­derstand zu unterstützen14). Die Kriegsmüdigkeit der Bevölkerung, die Terrormethoden der Partisanen und der Gegenterror (Umsiedelungen) der sowjetischen Herrscher hatten die Unterstützung seitens der Be­völkerung zum Erlahmen gebracht. Die nun durch die USA und Groß­britannien erfolgende Nährung des ukrainischen Partisanenkampfes ge­schah in der Hoffnung, andere Gebiete Osteuropas ebenfalls insurgieren zu können. Bedenken, daß der Kampf aussichtslos sein würde und den sicheren Tod der Partisanen zur Folge haben müßte, wurden außer acht gelassen, als ab Ende 1949 Guerillaführer eingeschleust oder mittels Fallschirm in den ukrainischen Einsatzgebieten abgesetzt wurden. Eine wesentliche Bolle spielte der deutsche Geheimdienst unter Reinhard Gehlen, der auf zahlreiche Verbindungen aus dem Dritten Reich auf­zubauen vermochte. Zu allem Überfluß war es der berüchtigste der fünf „Cambridge Spies“, Kim Philby, der den englischen Geheimdienst für die sowjetische Konkurrenz, den KGB, zu einem offenen Buch zu machen vermochte. Er sorgte dafür, daß - nicht nur den britischen - Fall­schirmagenten meist ein kurzes Leben beschieden war15). Trotz dieses Verrrates und obwohl die letzten größeren Gefechte gegen geschlossene Partisanengruppen Anfang der Fünfzigerjahre stattgefunden haben dürften, schätzte der amerikanische Geheimdienst 1961, daß in der Ukraine seit Kriegsende etwa 35.000 sowjetische Polizisten und Partei­funktionäre von den antikommunistischen Guerillas ausgeschaltet wor­den seien16). Inzwischen hatte sich aber auch die Sowjetunion ihres ukrainischen Hauptgegners zu entledigen gewußt. Am 15.10.1959 wurde Bandera im Stiegenhaus seines Münchner Wohnhauses vom KGB-Agenten Bogdan Stashinsky mittels eines Cyanidgasgewehres getötet17). Moskau gelang es vorerst, den rasch als nicht natürlich erkannten Todesfall rivalisie­renden Führern der OUN in die Schuhe zu schieben, wobei der in Inns­bruck lebende Emigrant Ciuszko zum Hauptverdächtigen wurde. Dieses Verwirrspiel brach allerdings in sich zusammen, als Stashinski 1961 in den Westen desertierte, die Mordwaffe als Einstandsgabe mitbrachte und für seine Tat vor Gericht gestellt wurde. Zu dieser Zeit waren allerdings jene Ereignisse längst vorbei, die dazu geführt hatten, daß das österreichische Staatsgebiet vom ukrainischen 14) Simpson S 209-213. 13) Andrew Christopher and Gordievsky Oleg, KGB. The Inside Story. London 1990 S 321-322; Simpson S 212. 16) Simpson S 184, Skorzeny S 347. 17) Andrew/Gordievsky S 383-386, Simpson S 187, Tschajkowskyi S 58; AdR, BMfI Evidenz 1377/39. 226

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