Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 43. (1993) - Festschrift für Rudolf Neck zum 65. Geburtstag

JEŘÁBEK, Rudolf: Die ukrainischen Benderbanden – Ukrainische Partisanen als Boten des nicht ganz so „Kalten Kriegs“ in Österreich

Die ukrainischen Benderbanden Unabhängigkeitskampf direkt betroffen wurde. Die großen Verluste, welche die zurückgelassene Partisanenarmee Banderas den Sowjet­truppen seit 1944 zugefügt hatten, hatten immer umfangreichere Gegen­maßnahmen erzwungen. Regelrechte Koalitionsfeldzüge unter Teil­nahme von russischen, polnischen und tschechoslowakischen Militär- und Polizeiverbänden waren nötig, um den Aktionsraum der Bandera- partisanen so weit einzuengen, daß die Überlebenden sich schließlich nach dem Westen durchzuschlagen versuchten. Der österreichische diplomatische Vertreter in Preßburg, Ing. Lenhardt, berichtete am 16. 7. 1947 dem Außenamt, offenbar nicht nur aufgrund von slowakischen Medienberichten, daß seit Kriegsende immer wieder „Bendertruppen“ aus Polen in die Slowakei eingedrungen seien18). Es handle sich um Reste der ehemals mit den Deutschen kämpfenden Freiwilligenverbände des Generals „Bender“, denen sich Polen und Slowaken angeschlossen hatten, die mit den politischen Verhältnissen in ihren Staaten unzufrieden seien. Auch mit der polnischen Exilarmee des Generals Anders bestünden enge Verbindungen. Ein großer Teil der „stark antikommunistisch“ eingestellten ostslowakischen Bevölkerung reagierte mit „Gewährung von Unterschlupf, Verproviantierung, Ver­sorgung mit Munition, Irreführung der csl.Organe usw.“. Die massive Unterstützung durch die Bevölkerung wurde mit einer Verhängung des Ausnahmezustandes in 13 ostslowakischen Bezirken beantwortet: Nächtliches Ausgangsverbot, behördliche Genehmigungspflicht für jed­weden Verkehr zwischen den einzelnen Gemeinden und für Beherber­gung und Verköstigung Ortsfremder. Die vom offiziellen Rundfunk ge­meldeten Verlustzahlen der slowakischen Seite (12 Mann und 1 Offizier) wurden für bedeutend untertrieben angesehen. Die nächste Meldung Lenhardts aus Preßburg aufgrund slowakischer Pressenachrichten be­sagte, daß die Vorhut der Bendertruppen auf dem Weg in die US-Zone Österreichs sich teils in Südböhmen und Südmähren befinde, zum Teil aber bereits über die March österreichisches Gebiet erreicht habe19). Der Ausnahmezustand wurde auf weitere Gebiete ausgedehnt, um den von der Bevölkerung „Weiße Partisanen“ genannten Insurgenten den Boden zu entziehen. Es wurde auch berichtet, daß die Benderleute über ansehnliche Dollarbeträge verfügten und durch geheimnisvolle Flug­zeuge mit Lebensmitteln und Munition versorgt würden. Aus der spär­lichen zur Verfügung stehenden Literatur ist über eine derartige direkte 18) AdR, BKA-AA (= Bundeskanzleramt-Auswärtige Angelegenheiten) Slowakei 3 108.213-pol/47 in 106.271-pol/47 19) AdR, BKA-AA Slowakei 3 108.802-poI/47 in 106.271-poi/47. Die Meldung war ca. am 7. 8. 1947 im BKA (Bundeskanzleramt) eingelangt. 227

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