Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 43. (1993) - Festschrift für Rudolf Neck zum 65. Geburtstag

JEŘÁBEK, Rudolf: Die ukrainischen Benderbanden – Ukrainische Partisanen als Boten des nicht ganz so „Kalten Kriegs“ in Österreich

Die ukrainischen Benderbanden 40.000 Banderapartisanen (nach anderen Angaben mehr als 200.00010)) 1944 etwa 200.000 Mann der Roten Armee auf sich zu ziehen und über 7000 ihrer Offiziere zu töten11). Sowohl Bandera als auch Lebed setzten sich rechtzeitig in den Westen ab und gelangten auf verschiedenen Wegen schließlich nach Süd­deutschland, wo sich nicht nur eines der Zentren des ukrainischen Exils bildete, sondern wo auch Dienststellen des amerikanischen Geheimdien­stes sich mit dem Gedanken anzufreunden begannen, das anti­kommunistische Potential der ukrainischen Emigranten zu nützen12 13 *). Vorerst aber wollten die USA mit Nazikollaborateuren nichts zu tun ha­ben. Speziell nicht mit dem 1939 von der Gestapo ausgebildeten und nach ihren Methoden arbeitenden Lebed, der persönlich an der Folte­rung und Tötung gefangener Juden in Krakau beteiligt gewesen war. Doch der heftige Widerstand, den die zurückgelassenen Partisanen den Sowjettruppen leisteten, führte angesichts des Bruches mit der UdSSR und des sich intensivierenden Kalten Krieges zu einer allmählichen Än­derung dieser Haltung15). Erst wurden nur die sich aus auswegloser Lage nach dem Westen durchschlagenden Banderapartisanen in den amerikanischen Besatzungszonen aufgenommen und gesammelt. Den Angeboten Lebeds nachgebend, beschloß die CIA (Central Intelligence Agency), sich seine Kenntnisse und Verbindungen, seine Gefolgschaft zunutze zu machen und ab Mitte 1948 sprudelten die - vermutlich ame­rikanischen - Geldquellen für Lebeds „Befreiungsrat“. Wie andere ukrainische Nationalistenführer traf Lebed 1949 in den USA ein, unter falschem Namen von der CIA eingeschmuggelt ebenso wie Dutzende andere Kriegsverbrecher, die zu nützlichen Verbündeten im Kalten Krieg geworden waren. Für Lebed war der Boden in Europa bereits sehr heiß geworden, denn 1948 war es in der OUN zu einer abermaligen Zersplitterung gekommen, nachdem Bandera aus dem im Juli 1944 ge­gründeten „Hauptbefreiungsrat“ ausgetreten war. Lebed wurde nun von der übermächtigen Banderagruppe der OUN, zu der auch ehemalige SB- Männer gehörten, ebenso verfolgt wie vom sowjetischen Geheimdienst. Bandera selbst dürfte allerdings nur noch die Rolle einer vorgescho­benen Galionsfigur gespielt haben, als sich die USA 1949 entschlossen, 10) Simpson S 199, Skorzeny S 346. 11) Simpson S 199-200, Skorzeny S 342-346. 12) Simpson S 200-205, 209; AdR, BMfl Evidenz 1377/59, A-3090/61. 13) Zahlreiche Katastrophen in sowjetischen Industrieanlagen 1946/47 wurden auf das Konto der antikommunistischen Partisanen gebucht, ohne daß geklärt wurde, ob es sich nicht in Wirklichkeit um reine Unglücksfälle handelte, wobei auch den russischen Funktionären daran gelegen gewesen sein mochte, die Ereignisse angeblichen oder tatsächlichen Saboteuren in die Schuhe zu schieben. Vgl. AdR, BMfl Evidenz 2136/49. 225

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