Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 43. (1993) - Festschrift für Rudolf Neck zum 65. Geburtstag
JEŘÁBEK, Rudolf: Die ukrainischen Benderbanden – Ukrainische Partisanen als Boten des nicht ganz so „Kalten Kriegs“ in Österreich
Rudolf Je rá bek Gedanke an eine unabhängige Ukraine. Bandera wurde wie die anderen Nationalistenführer vom Sicherheitsdienst im Rahmen einer Verhaftungswelle kaltgestellt. Am 15. 9. 1941 wurden die Kader der OUN (über 2000 Mann) inhaftiert, zum Teil hingerichtet. Die als deutsche Hilfstruppe ins Leben gerufene Ukrainische Legion ging in den Untergrund, wohin sich auch der Chef der OUN-Geheimpolizei (SB) Mykola Lebed flüchten konnte. Die SB schaltete im weiteren Verlauf nicht nur sowjetische Partisanenführer, sondern auch rivalisierende ukrainische Nationalisten nach Killermanier aus. Währenddessen stand Bandera in Krakau erst unter Hausarrest und war ab 15. 9. 1941 inhaftiert. Am 23. 3. 1943 erfolgte seine Überweisung ins KZ Sachsenhausen7). Nationaler Haß und rivalisierende Ideologien ließen in der Ukraine den Krieg zu einem Kampf aller gegen alle werden. Als sich das Blatt wendete, sank auch der deutsche Hochmut und 100.000 Ukrainer meldeten sich freiwillig, als 1943 eine zwar nicht „ukrainische“, aber immerhin „galizische“ SS-Division aufgestellt wurde. Traditionen und Erfahrungen des einstigen Vielvölkerstaates wurden mißbraucht, indem der Gouverneur von Galizien, SS-Brigadefiihrer Dr.Otto Gustav von Wächter (sein Vater Josef war vom 7.10.1921 bis 24.5.1922 österreichischer Bundesminister für Heerwesen) zur treibenden Kraft dieser Neuschaffung wurde8). Ein großer Teil der Offiziere der Division waren nicht mehr ganz junge Herren, die schon in der k.u.k. Armee gedient hatten. Im gleichen Maß, wie das Kriegsglück der deutschen Führung sank, verstärkte sich auch ihr Bedürfnis, auf die menschlichen Ressourcen verachteter Völkerschaften zurückzugreifen. Am 27. 9. 1944 wurde Bandera aus Sachsenhausen entlassen und von der SS in die Operation „Sonnenblume“ eingebunden. Abermals stand ein Wiener hinter dem Unternehmen, der SS-Sturmbannführer Dipl.-Ing. Otto Skorzeny9). Den OUN/ UPA-Truppen wurden am Rückzug große Mengen an ohnedies nur mehr schwer rückführbaren Waffen und Material überlassen. Die Bandera- partisanen sollten sich überrollen lassen, um den Kampf gegen die Sowjettruppen weiterzuführen. Damit war das Muster für die während des Kalten Krieges unter amerikanischer Leitung organisierten Rücklaßpartisanen geprägt, die bis heute unter dem Schlagwort „Gladio“ die Öffentlichkeit beschäftigen. Tatsächlich vermochten die mindestens 7) AdR, RMfI Evidenz 1377/39; vgl. Höhne Heinz, Canaris. Patriot im Zwielicht. München 1976 S 441. 8) Preradovich Nikolaus von, Österreichs höhere SS-Führer. Berg am See 1987 S128-137; Heike Wolf-Dietrich, Sie wollten die Freiheit. Die Geschichte der Ukrainischen Division 1943-1945. Dorheim (1973) S 31-43. 9) Simpson S 199-200; Skorzeny Otto, Meine Kommandounternehmen. Krieg ohne Fronten. Wiesbaden 1976 S 342-347; Preradovich S 316-317. 224