Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 43. (1993) - Festschrift für Rudolf Neck zum 65. Geburtstag
AUER, Leopold: Überlegungen zu einer Vereinheitlichung der Archivterminologie
aber man sollte das nicht übertreiben. Beispiele für eine sinnvolle Vereinheitlichung lassen sich auch hier allenthalben aufspüren, wie es sich etwa im Zuge der Bemühungen um die sogenannten „Descriptive Standards“ gezeigt hat13). Andere Bereiche, in denen eine Vereinheitlichung der Archivterminologie wünschenswert erscheint, wären die Benennung archivalischer Einheiten oder die Terminologie zur Bezeichnung der Findmittel (Archivbehelfe). So könnte eine Klärung und Abgrenzung von Begriffen wie Kasten, Karton, Schuber, Faszikel, Konvolut, Liasse und dgl. sicher nicht schaden. Bei den Archivbehelfen herrscht gerade im Deutschen eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich der Unterscheidung der verschiedenen Kategorien. Während z. B. im Französischen „inventaire“,, répertoire“ oder „guide“ eindeutig definiert sind, werden im Deutschen Begriffe wie „Inventar“ oder „Repertorium“ oft wechselweise gebraucht; das „Gesamtinventar“ ist oft identisch mit der „Bestandsübersicht“ und entspricht damit noch am ehesten dem Begriff des „guide“14). Um den Forderungen des Informationszeitalters auch im Archivwesen gerecht zu werden, wird sich eine Befassung der Archivare mit Fragen der Normung nicht vermeiden lassen. Andernfalls laufen sie Gefahr, daß Entscheidungen auf Gebieten, die für sie von Bedeutung sind, über ihren Kopf hinweg getroffen werden, und die Archive aus den im Entstehen begriffenen nationalen wie internationalen Informationssystemen ausgeschlossen bleiben. Die Normung archivischer Arbeitsabläufe wird aber automatisch eine Normung der Terminologie oder zumindest deren weitgehende Vereinheitlichung nach sich ziehen. Darüber hinaus wird eine Zusammenarbeit von Archivaren mit nationalen und internationalen Normungsinstitutionen notwendig sein, die bis jetzt noch recht unterentwickelt ist, aber auch die Einbeziehung von Fragen der Normung, nicht zuletzt auf dem Gebiet der Archivterminologie, in das Ausbildungsprogramm der Archivschulen. Beides ist eine zeitaufwendige, aber wie mir scheint notwendige Aufgabe. Für die Erarbeitung einer einheitücheren internationalen Archivterminologie scheint es mir ein gangbarer Weg zu sein, die Unterschiede zwischen einzelnen Sprachregionen zu untersuchen und zu definieren. Eine Hilfe dabei könnte die Erstellung zweisprachiger Wörterbücher Überlegungen zu einer Vereinheitlichung der Archivterminologie 13) Vgl. zuletzt dazu Kent Haworth, Descriptive Standards, in: Archivum 39 (1993, im Druck). 14) Vgl. dazu die terminologischen Überlegungen bei Michel Duchein, Les guides d’archives, in: Archives et Bibliothéques de Belgique 47 (1976) 117-132; Wolfgang Leesch, Archivbehelfe (Bestandsübersichten, Inventare, Repertorien, Archivführer), in: ebd. 133-145; Leopold Auer, Inventare und Inventarisierung österreichischer Archive, in: ebd. 159f. 19