Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

AGSTNER, Rudolf: Von der österreichisch-ungarischen Botschaft zum österreichischen Generalkonsulat Berlin. Zur Geschichte der k. u. k. bzw. österreichischen Vertretungsbehörden in der deutschen Hauptstadt 1871–1991

chischen Staatsamtes für Äußeres“, gezeichnet von dessen Leiter Dr.Otto Bauer: „Das Staatsamt des Äußeren teilt Ihnen mit, daß der Staatsrat Sie als Gesandten der Deutschösterreichischen Republik in Berlin ausersehen hat. Wir haben bei der deutschen Regierung angefragt, ob sie Ihrer Ernennung das Agrément erteilt. Von der Entscheidung der deutschen Regierung werden wir Sie in Kenntnis setzen“* 167). Hartmann traf am 25.November 1918 in Berlin ein und installierte sich im „Hotel Kaiserhof“. Aufschlußreich für die Geschichte der Gesandt­schaft der jungen deutschösterreichischen Republik sind die Schreiben Hartmanns an seine Gattin in Wien. „Ich schreibe Dir in dem eleganten, eines Gesandten ganz würdigen Ecksalon im Kaiser­hof. Rechts und links davon sind Singers und mein Schlafzimmer, jedes mit einem ange­nehmen Badezimmer ... In dem Salon bin ich genötigt, eine Unmenge Journalisten zu empfangen, namentlich Morgens zwischen 8 1/2 und 9 1/2 die alle interviewen wollen, aber zu dumm sind, einen zu fragen, so daß ich ihnen immer wieder ganze Leitartikel über Österreich diktieren muß. Heute vormittags in der Gesandtschaft ging der Rummel an Beamtenvorstellung, Besprechungen, Besuch von 10-1. Mittags aßen wir bei Alfred Weber, der ganz in der Politik ist, die neue republikanische Partei gegründet und für Deutschösterreichs Eintritt in Deutschland zu agitieren bereit ist. Nachmittags war ich bei Kautsky dann in einem Zirkel von Deutschösterreichern, die die Agitation für den Anschluß in die Hand nehmen wollen ... Besprechungen mit den Parteiführern, die man etwas erwärmen und vor ihrer übergroßen Angst etwas kurieren muß; die Ordnung in der Gesandtschaft, bei der eigentlich nur ein älterer versierter Beamter, Legationsrat Post, vorhanden ist, der eigentlich nur die wirtschaftlichen, nicht die politischen Agen­den führt, mir sehr freundlich entgegenkommt, aber doch offenbar das Bestreben hat, Alleinherrscher zu sein, so daß ich ihm allmählich die Leitung aus der Hand winden muß, ohne doch seine Arbeit vermissen zu wollen; außerdem 10.000 kleine Geschäfte, die wichtig sind, Getreide und Kohle für Wien etc ... Dann muß ich einen Pressedienst einrichten und überhaupt die Agitation für den Anschluß in meinen Händen konzentrie­ren. Also es gibt genug zu tun ... “168). Am 30. November 1918 schreibt Hartmann: „Heute ... nachmittags habe ich Verhandlungen mit einem deutschösterreichischen Soldatenrate, der sich zu bilden im Begriffe ist. Dann nahm ich an einer Sitzung des von hiesigen Deutschösterreichern gebildeten Presse-Comités teil. Dazwischen Empfang von Besuchen und Journalisten, die mich ununterbrochen interviewen ... Über meinen leiblichen Zustand kannst Du beruhigt sein. Die Mitglieder der Gesandtschaft erhalten Von der österreichisch-ungarischen Botschaft zum Österreichischen Generalkonsulat Berlin nicht erfolgreich. Bei den Februarwahlen 1919 errang er einen Sitz im Nationalrat, der aber im Oktober 1920 wieder verloren ging. Ab 1920 bis zu seinem Ableben am 14. November 1924 übte er die Funktion eines Bundesrates aus. Hartmann erlag bei der Unterzeichnung eines Dokumentes für das von ihm geschaffene „Volksheim Wien-Otta- kring“ am 14. November 1924 einem Herzanfall. Er wurde auf dem Döbliger Friedhof beigesetzt.; nach Magistratsabteilung 9 Wiener Stadt- und Landesbibliothek, MA 9-89/90 167) HHStA, Nachlaß L.M.Hartmann, K 1, Konv.l, DÖ StA für Äußeres St.A.Z.392 168) HHStA, Nachlaß L.M.Hartmann, Karton 1, Personalia, Konvolut 7 313

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