Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)
AGSTNER, Rudolf: Von der österreichisch-ungarischen Botschaft zum österreichischen Generalkonsulat Berlin. Zur Geschichte der k. u. k. bzw. österreichischen Vertretungsbehörden in der deutschen Hauptstadt 1871–1991
Rudolf Agstner Die Genehmigung der deutsch-österreichischen und der kgl. ungarischen Regierung164) zur Annahme des Raufanbotes vom 16.12. 1920 wurde ehestens erteilt, wobei „der Verkaufspreis insofern als ein günstiger angesehen wird, als die Eigentümlichkeiten des Botschaftsgebäudes, welche eine beschränkte Verwendungsmöglichkeit bedingen, in Rücksicht zu ziehen sind.“ Die zweite Rate des Kaufpreises in Höhe von 1,750.000 Mark wurde am 31. Dezember 1920 entgegengenommen. Am selben Tag erwarb die Republik Österreich, vertreten durch den genannten Legationsrat Post, für 1,550.000 Mark ein Haus in der Bend- lerstraße 15 als Gesandtschaftsgebäude165). 13. Die Gesandtschaft Berlin sollte die erste Vertretungsbehörde der Republik (Deutsch-) Österreich sein. Am 15. November 1918 erhielt Dr.Ludo Hartmann166) das folgende Schreiben des „Deutschösterrei164) Der Verkauf des ehemaligen k.u.k. Botschaftsgebäudes wurde von der ungar. Regierung in der Sitzung vom 12. Jänner 1921 genehmigt (Signatur: K 27 Sitzungsprotokoll 1921 Januar 12 24.S.). Ungarn erhielt 34,6 % des Erlöses und erwarb damit ein Gesandtschaftsgebäude in der Korneliusstraße 8, das von 1921 bis 1940 (Übersiedlung in Drakestraße 2) als ungar. Gesandtschaft diente. 165) Grundbuch Potsdamertorbezirk, Band 2, Blatt 48. Die Liegenschaft hatte ein Ausmaß von 1149 m2 (ca. 15 x 80 m); die bebaute Fläche betrug 800,54 m“, der umbaute Raum 12.762,78 m3 (Angaben laut Skizze für Einreißarbeiten Bendlerstraße 15, Bezirksamt Tiergarten vom 20. 9. 1949. Das Gebäude war 1891 erbaut worden und befand sich so wie das k.u.k. Botschaftsgebäude - ehedem gegenüber dem Großen Generalstab - in unmittelbarer Nachbarschaft zu Militärdienststellen. Zwischen 1911 und 1914 wurde am heutigen Reichpietschufer der „Bendlerblock“ als Sitz des Reichsmarineamtes erbaut; der Ostflügel desselben befand sich in der Bendlerstraße 14. Nach 1918 diente der Bendlerblock der Reichswehrführung und der Marineleitung. 1926 erwarb das Deutsche Reich die Nachbargrundstücke Bendlerstraße 10-13 und erbaute dort bis 1938 durch Neubauten und Erweiterung bestehender Gebäude den Bendlerblock. Der Hauptteil des Ostflügels an der Bendlerstraße wird im 2. Weltkrieg vom Allgemeinen Heeresamt des Oberkommandos des Heeres benutzt, wo seit Oktober 1943 Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg als Stabschef des Allgemeinen Heeresamtes tätig war; zum Zeitpunkt des Attentates auf Hitler am 20. Juli 1944 bestand das ehemalige Gesandtschaftsgebäude allerdings nicht mehr. Siehe „Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Einführung, 1.2 Der Bendlerblock“ 166) Ludo Moritz Hartmann wurde am 2. März 1865 in Stuttgart geboren. Auf Grund des revolutionären Engagements seines Vaters bzw. Großvaters mütterlicherseits war er Schweizer Staatsbürger. 1900 Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft. Nach Matura 1883 Studium der römischen Geschichte in Wien. 1885 wechselte er an die Universität Berlin. Mit der Dissertation „De exilio apud Romanos inde ab initio bellorum civilium usque ad Severi Alexandri principatum“ wurde er am 11. März 1887 an der Berliner Universität „cum laude“ zum Dr. phil. promoviert. Als Privatdozent beschäftigte sich Hartmann zunächst mit einigen Editionsaufträgen und begann dann seine Vorlesungstätigkeit an der Wiener Universität. Als einer der ersten Hochschullehrer trat er 1901 der Sozialdemokratischen Partei bei und gründete die „Vereinigung sozialistischer Hochschullehrer“. 1911 bewarb er sich bei den Reichsratswahlen um ein Mandat, war aber 312