Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

AGSTNER, Rudolf: Von der österreichisch-ungarischen Botschaft zum österreichischen Generalkonsulat Berlin. Zur Geschichte der k. u. k. bzw. österreichischen Vertretungsbehörden in der deutschen Hauptstadt 1871–1991

nant Werner abgelehnt. Das Problem, mit welchen Reisedokumenten die in den Stand der Disponibilität versetzten diplomatischen Beamten die Heimreise nach Wien antreten sollte, bedurfte einer raschen Lö­sung. Baron Flotow wies die Botschaft Berlin am 22. November 1918 an, „für Heimreise dortiger Beamter gewöhnliche Pässe an Ort und Stelle ausstellen zu lassen, gegen Einziehung und Vernichtung der betreffen­den Diplomatenpässe“155). Am 1. März 1919 übernahm Graf Török die Leitung der liquidierenden k.u.k. Botschaft. Sein erster Bericht betrifft die Frage der Vernichtung des „hieramtlichen Archivmaterials“. Er regte an „... schon in Bälde mit der Vernichtung des sehr umfangreichen überflüssigen Archivma­terials“ zu beginnen. Török meinte, daß es „angesichts der wieder dro­henden Spartacuswirren in Berlin nur von Vorteil sein kann, wenn spe­ziell das politische Archiv auf ein Minimum reduziert würde“ und schlug vor, „zunächst die sekretierten Geheimakten, alte Telegraphen­bücher bis 1917 inclusive politischer Berichte, Erlässe und Mitteilungen und erst in letzter Linie die administrativen Akten ... bis etwa 1910“ zu verbrennen“156 157). Mit Erlaß von Baron Flotow vom 13. April 1919 wurde die k.u.k. Bot­schaft Berlin angewiesen, „mit Ende April ihre Funktion einzustellen“. Legationssekretär Török und alle Mitarbeiter wurden mit 30. April 1919 in Disponibilität versetzt. „Amtsgelder, Amtsrechnungen samt Belegen, Chiffrematerial, Reservatakten, Depositen, Paßformularien, Amtssiegel etc. sind nach Wien zu bringen, übrige Akten, Wappen, Flaggen, Bü­cher, Schreibmaschinen etc. im Botschaftspalais zu verwahren, letz­teres Obhut deutsch-österreichischer Gesandtschaft zu übergeben. In Betracht kommenden Regierungen wolle Auflassung notifiziert wer­den“15^. Das liquidierende Ministerium des Äußern notifizierte den Vertretun­gen der CSR, der Ungarischen Räterepublik, der polnischen Republik, der Westukrainischen Republik, des rumänischen Nationalstaates, des Königreichs der Serben, Kroaten und Rumänen (sic!) und dem Komitee zum Schutz der Interessen der Bevölkerung der in Italien besetzten Gebiete am 15. April 1919 mit Note 117.670/6-1919, daß „wegen der Schwierigkeit der Beschaffung fremder Valuten ... die österreichisch­ungarische Botschaft in Berlin sowie sämtliche im Deutschen Reiche bestehenden ö.-u. Konsularämter mit Ende April l.J. ihre Tätigkeit ein­stellen.“ Von der österreichisch-ungarischen Botschaft zum Österreichischen Generalkonsulat Berlin 155) HHStA, AR F 6, R 55, 6 Berlin 124, lMdÄ 105.359/2-1918 vom 22.11. 1918, f.l 156) HHStA, AR F 6, K 53, 6 Berlin 128, Bericht 1321A vom 1.3. 1918, f.l 157) HHStA, AR F 6, R 53, 6 Berlin 128, lMdÄ 117.670/6 1919 vom 13.4. 1919 309

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