Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

PICHORNER, Franz: Patente und Instruktionen für die Statthalter der Österreichischen Niederlande (1715–1726)

Instruktionen für die Statthalter der Österreichischen Niederlande Statthalterin der Niederlande mit62). Bis zum tatsächlichen Regierung­santritt der Statthalterin, der wegen der ungünstigen Jahreszeit, der weiten Reise und der mühsamen Bildung eines großen Hofstaates nicht vor dem Spätsommer 1725 zu erwarten war, sollte Graf Philipp Wirich Daun63) die interimistische Statthalterschaft in den Niederlanden füh­ren. Der kaiserliche Generalfeldmarschall Daun hatte sich im Spani­schen Erbfolgekrieg ausgezeichnet. Sein Ruhm beruhte auf der stand­haften Verteidigung von Turin, das seit dem 26. Mai 1706 von den Fran­zosen belagert und am 7. September von Prinz Eugen entsetzt worden war. Nach dem Abzug der Franzosen aus Italien hatte Daun die kaiserli­chen Truppen nach Neapel geführt und von dort die Eroberung Sardi­niens eingeleitet. Von 1713 bis 1719 war Daun Vizekönig in Neapel. Danach berief ihn Rari VI. als Direktor der Artillerie und als Stadtkom­mandant nach Wien64). Im Jänner 1725 trat die Geheime Konferenz unter dem Vorsitz von Prinz Eugen dreimal zusammen, um Patent und Instruktionen für Daun als interimistischen Gouverneur der Niederlande zu entwerfen. An den Be­ratungen nahmen der Präsident des Niederländischen Rates, Fürst Car­dona und der spanische Staatssekretär, Marqués de Rialp, teil65). Am 4. Jänner 1725 lasen die Mitglieder der Konferenz jenes Patent, das sie Graf Königsegg am 23. Dezember 1715 für die Verwaltung und Regie­rung der Niederlande erteilt hatten66). In der Kanzlei des Niederländi­schen Rates war die Instruktion entstanden, die der Präses dieses Rates nun der Konferenz als „instructio ostensibilis“ präsentierte. Die Ausferti­gung dieser Instruktion erhielt Daun am 27. Jänner unter der Bezeich­nung „instruction particuliére“. Die 20 Punkte dieser Anweisung ent­sprechen bis in ihre Formulierung völlig jenem Schema der „instruction particuliére“, die Maria von Ungarn 1531 zum ersten Mal erhalten hatte 62) Vgl. Louis Prosper Gachard, Recueil des ordonnances des Pays-Bas autrichiens 4, Bruxelles 1877, III. Ober Erzherzogin Maria Elisabeth vgl. Franziscus Wagner, Leben und Tugenden Mariae Elisabethae Erzherzogin von Österreich. Aus dem Lateinischen in die Teutsche Sprach übersetzt von Bernhard Lanz, Wien 1752; Charles Piot, in: Biogra­phie Nationale 13(1894/95) 727—731; Piet Lenders, in: Nationaal Biografisch Woorden- boek 12 (1987) 493—498; Grete Kalmár, Kulturgeschichtliche Studien zu einer Biographie von Erzherzogin Maria Elisabeth (1680-1741) aus Wiener Sicht, Wien phil. Diss. 1988 (Mschr.); Franz Pichorner, Wiener Quellen zu dm Österreichischen Niederlanden. Die Statthalter Erzherzogin Maria Elisabeth und Graf Friedrich Harrach (1725-1743) Wien 1990 (= Beiträge zur Geschichte und Kirchengeschichte Österreichs 1, hrsg. von Elisabeth Kovács). 63) Vgl. über Graf Philipp Wirich Daun (1669-1741), Heinrich Benedikt, in: NDB 3(1957) 529 f. 64) Vgl. Benedikt, Neapel (wie Anm. 22) 63-90. 65) Vgl. HHStA, Stil Vorträge K 26, fol. 35r-36v, 54r-56v. 66) Vgl. Instruktionen und Patente Karls (III) VI. und Maria Theresias (wie Anm. 28). 143

Next

/
Thumbnails
Contents