Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

KRAMML, Peter Franz: Die Administration des Bistums Wien nach dem Tod König Matthias' Korvinus von Ungarn. Eine Korrektur der Wiener Bischofsliste

Peter Franz Kramml ungeschmälert weitergewirkt hatten24). Fast zehn Jahre nach der Er­richtung der Wiener Diözese hatte diese also de facto noch nicht zu bestehen begonnen! Nachdem schon Spaur keinerlei Regierung aus­geübt und sich nicht Bischof von Wien genannt hatte, bezeichnete sich nach diesem Passauer Protest auch Johann Beckensloer nur als „Verwe­ser der Dompropstei“25). Eine neue Situation ergab sich durch den Tod Bischof Ulrichs von Passau (2. September 1479), zumal Friedrich III. kurz vorher vom Papst ein Präsentationsrecht und damit die Verfügung über 17 Erzbistümer und Bistümer, darunter auch Passau, zugestanden worden war24 25 26). Als das Domkapitel den Rat Herzog Georgs des Reichen, Dr. Friedrich Mauerkircher, zum Bischof wählte, erwirkte der Kaiser beim Papst die Annullierung dieser Wahl und die Erhebung seines Kanzlers, Kardinal Georg Heßler, zum Passauer Bischof (28. Jänner 1480)27). Heßler (t 1482) konnte sich zwar in Passau nicht durchsetzen, erteilte nun aber als vom Papst bestätigter Bischof seine Zustimmung zur Wiener Bis­tumsgründung. Am 17. September 1480 - knapp drei Wochen, nachdem er Passau seine päpstlichen Ernennungsbullen übersandt hatte - wurde im Wiener Dom feierlich die Stiftungsurkunde von 1469 verkündet und die Errichtung des Bistums vollzogen28). Aufgrund der Bistumspromul­gation durch den päpstlichen Nuntius Alexander von Forli erlosch die Passauer Jurisdiktion über Wien und seinen Kirchensprengel mit drei Stadt- und 17 Nachbarpfarreien. Ab diesem Zeitpunkt war Johann von Gran erster Administrator des neuen Wiener Bistums, wozu ihn der Kaiser bestellt hatte. In dieser Funktion wurde er vom anwesenden päpstlichen Legaten bestätigt, was das Fehlen eigener päpstlicher Er­nennungsdekrete erklärt29). Auch in Salzburg begann sich ein Erfolg abzuzeichnen. Dort war es dem Kaiser schon im Oktober 1478 gelungen, den regierungsmüden Erzbi­schof Bernhard von Rohr in persönlichen Gesprächen zu einer Resigna­tion zugunsten Johann Beckensloers von Gran zu überreden, wobei ihm ausreichende finanzielle Entschädigungen, darunter auch die Wiener 24) 1477 Juli 27: Flieder, Leo von Spaur 50f.; ders., Stephansdom 228; Tomek, Kir­chengeschichte 2 41—47. 25) Flieder, Leo von Spaur 50ff.; ders., Stephansdom 227. 26) Chmel, Monumenta Habsburgica 1/2 386ff. n. 80; vgl. Dopsch, FriedrichIII. 77. 27) Walter Ho 11 weg, Dr. Georg Heßler. Ein kaiserlicher Diplomat und römischer Kar­dinal des IS. Jahrhunderts (Leipzig 1907) 99f.; Walter Kristanz, Kaiser Friedrich III. und die Stadt Passau (Dissertationen der Universität Salzburg 18, Wien 1983) 124ff. 28) Flieder, Stephansdom 229ff. und bes. 235-243 (zum Diözesangebiet). 29) Ebenda 230; Loidl, Erzbistum Wien 27f. 14

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