Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

PICHORNER, Franz: Patente und Instruktionen für die Statthalter der Österreichischen Niederlande (1715–1726)

Instruktionen für die Statthalter der Österreichischen Niederlande jahren, die Nachbarschaft mit Frankreich und den Generalstaaten, aber vor allem der für die Niederlande höchst nachteilige Barrierevertrag machten es erforderlich, daß die Regierung über die Niederlande in ein „neues modell gegossen werden müßte“27). Dazu wäre allein Prinz Eugen wegen seiner hohen Geburt, seiner Ta­lente und seiner Autorität, die er im Ausland genoß, besonders befä­higt. Diese „bey den hoch getragenen genio deren Niederländern erfor­derlichen qualitäten“ könnten niemals von einem Stellvertreter er­bracht werden28). Es war daher der Wunsch der Konferenz, daß dem Prinzen vor Antritt seines Feldzuges gegen die Türken noch soviel Zeit verbleiben möchte, sich persönlich zur Inauguration in die Nie­derlande zu begeben und dort die Regierung einzurichten. Wäre das aber ganz unmöglich, so blieb nichts übrig, als tatsächlich einen ge­eigneten Stellvertreter auszuwählen, ihn mit den nötigen Vollmachten auszustatten, damit er die Huldigung der Landstände entgegenneh­men und ein Regierungskollegium aufstellen konnte. Dieser Regie­rungsrat müßte dem Stellvertreter untergeordnet werden und alle waren, für ein weiteres Jahrhundert fast ungeschmälert rettete. Über Bergeyck vgl. Y. Schmitz, Bergeyck. Le Colbert beige, Nijvel 1961; Reginald De Schryver, Jan von Brouchoven, graaf van Bergyeck (1644-172S). Een halve eeuw Staatkunde in de Spaanse Nederlanden en in Europa, Brussel 1965. 27) Vgl. HHStA, StK Vorträge K 20, fol. 120 r. 28) Ebenda, fol. 120 r. Die Diskussion, Prinz Eugen als Statthalter in die Niederlande zu entsenden, dauerte seit 1709 an. Aus den in der Konferenz erwähnten Gründen, glaubte damals Karl III. in seinem vertraulichen Briefwechsel mit Graf Wratislaw, „das beste zu sein, das patent von Gubernator in Niderland dem Printzen Eugen auf das ehist zu schickenVgl. Karl III. an Graf Wratislaw, 4. Mai 1709, in: Arneth, Eigenhändige Corre- spondenz (wie Anm. 3) 93. Am 23. Oktober 1709 wurde in Barcelona das entsprechende Patent für Prinz Eugen und ein Rundschreiben an die Stände von Brabant ausgestellt. Karl III. bat Graf Wratislaw, das Patent Kaiser Joseph I. bei passender Gelegenheit zu präsentieren und mit seiner bewährten Diplomatie zu versuchen, die rasche Entsen­dung Eugens zu ermöglichen. Karl III. schrieb in dieser Angelegenheit auch direkt an Joseph I. und hoffte, daß Prinz Eugen die Angelegenheiten in den Niederlanden aus der bisherigen „confusion auf einen guten fuß setzen möge“. Vgl. Wien HHStA, Große Korre­spondenz 90c, fol. 71r-72v, Karl III. an Joseph I., Barcelona 23. Oktober 1709. Der Kaiser wollte und konnte damals aber nicht auf Prinz Eugen verzichten; dieses Patent blieb somit wirkungslos. Vgl. dieses Patent in: Instruktionen und Patente Karls (III.) VI. und Maria Theresias. Statthalter, Interimsstatthalter, bevollmächtigte Minister und Obersthof meister (1701-1744). Bearbeitet von Franz Pichorner und Friederike Stern (= Quellen zur Geschichte der Österreichichen Niederlande, hrsg. von Elisabeth Kovács und Jan Roegiers, 1, in Vorbereitung). Am 27. April 1715 schrieb Eugen an den Statthalter in Neapel, Feldmarschall Graf Philipp Wirich Daun, daß es zuträfe, daß ihn der Kaiser gebeten hatte „das niederländische, nun zu besetzende governo“ zu akzeptieren, er hätte sich jedoch noch nicht dazu entschieden und „mithin ist es auch gänzlich ungewiß, ob ich sogleich hingehen werde oder nicht“. Vgl. Wien HHStA, Große Korrespondenz 145, Eugen an Daun, 27. April 1715; Braubach, Prinz Eugen 4 (wie Anm. 16) 123. 135

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