Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)
PICHORNER, Franz: Patente und Instruktionen für die Statthalter der Österreichischen Niederlande (1715–1726)
Franz Pichorner auswärtige Angelegenheiten beraten13). 1709 ersetzte er diesen schwerfälligen Apparat durch die aus neun Mitgliedern bestehende geständige Geheime Konferenz“, aus der, auf Betreiben des Grafen Johann Wenzel Wratislaw, noch im gleichen Jahr eine „Geheime oder Engere Konferenz“ ausgesondert wurde. Diese Geheime Konferenz war, je nachdem ob es sich um Probleme der österreichischen Erblande, des Reiches oder der neu erworbenen, ehemals spanischen Provinzen handelte, verschieden zusammengesetzt. Als ständige Mitglieder waren der Präsident des Hofkriegsrates, der Erste Hofkanzler, der Präsident der Hofkammer und ein Geheimer Rat vertreten. Nach der Konferenzordnung Karls VI. von 1721 konnten auch der Spanische und der Niederländische Rat sowie die Böhmische Hofkanzlei zu den Beratungen der ,fingeren oder Geheimen Konferenz“ hinzugezogen werden14). Für diese Konferenz wurde nun auch die Bezeichnung Ministerium oder Ministerkonferenz“ gebraucht. In dieser Ministerkonferenz zirkulierten die diversen Berichte der kaiserlichen Gouverneure, Gesandten und Bevollmächtigten zur Information und zur Vorbereitung unter den Ministern. Oft wurden diese Berichte auch erst in der Konferenz vorgelesen. In dringenden Angelegenheiten konnten fremde Botschafter und Gesandte auch direkt bei diesen Beratungen der Minister angehört werden. Dabei wurde Protokoll von den ersten Beamten jener Institution geführt, die mit der Ausführung der Beschlüsse, die der Kaiser genehmigt hatte, beauftragt waren - meist waren es die im Staatssekretariat der österreichischen Hofkanzlei Beschäftigten. Bis 1726, als Johann Christoph Bartenstein15) das Staatssekretariat übernahm, war Johann Georg von Buol16) kaiserlicher Staatsreferendar. Nach dem Sitzungsprotokoll wurde in der mit der Durchführung bestimmten Kanzlei (Staatskanzlei, Spanisches Staatssekretariat, Kanzlei des Niederländischen Rates) ein Bericht verfaßt, den der betreffende Kanzleivorstand und Minister dem Kaiser zur Genehmigung vorlegte. Der Kaiser las diesen Vortrag der Konferenz, versah ihn mit Randbemerkungen und schließlich seinem Placet. Um 1705 wurde die Hofkanzlei erweitert, ihr untergeordnet die Staatskanzlei errichtet, der die außenpolitischen Agenda zugewiesen waren. Nach dem Tod des Ersten Hofkanzlers Sei13) Vgl. Charles W. Ingrao, Josef I. Der „vergessene“ Kaiser, Graz 1982, 29-38. 14) Vgl. Die österreichische Zentralverwaltung (wie Anm. 12) 59; ebenda, Bd. 3, Aktenstücke 1683-1749, bearb. von Thomas Fellner und Heinrich Kretschmayr, Wien 1907, 410f. 15) Vgl. Max Braubach, Johann Christoph Bartensteins Herkunft und Anfänge, in: MIÖG 61(1953) 99-149. 16) Vgl. über Johann Georg von Buol (gest. 1727) bei Max Braubach, Prinz Eugen von Savoyen. Eine Biographie, Bd. 5, Wien 1965, 482 (Register); ders., Geschichte und Abenteuer. Gestalten um den Prinzen Eugen, München 1950, 416 f. 132