Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

PICHORNER, Franz: Patente und Instruktionen für die Statthalter der Österreichischen Niederlande (1715–1726)

Instruktionen für die Statthalter der Österreichischen Niederlande lern im Jahre 1715 baute Graf Philipp Ludwig Sinzendorf17), nun als Erster Hofkanzler, die Staatskanzlei behördenmäßig auf. Er gliederte sie in drei Bereiche: politische Verwaltung, Justiz und Außenpolitik. Die Außenpolitik sollte künftig sein Ressort bleiben und er setzte für deren Agenda neben Buol einen zweiten Hofrat ein. Als Bartenstein 1726 Buol als Staatssekretär ablöste, existierte bereits das Gebäude gegenüber der kaiserlichen Hofburg als Staatskanzlei, das von 1717 bis 1721 nach den Plänen von Johann Lucas von Hildebrand erbaut worden war18). Als erster Beamter führte der Staatssekretär in der Geheimen Konferenz Protokoll, er arbeitete den Vortrag, d. h. das schriftliche Referat an den Kaiser aus, und er entwarf Instruktionen und Weisungen für die diver­sen kaiserlichen Gesandten. Thema der folgenden Untersuchung ist die Entstehung der Patente und Instruktionen für die Statthalter der Südlichen Niederlande. Sie kann mit Hilfe der Sitzungsprotokolle und Vorträge der Geheimen Konferenz rekonstruiert werden. Die zehn Jahre von der Besitzergreifung der österreichischen Herrschaft über dieses Gebiet im Jahre 1715 bis zum Antritt der Statthalterschaft von Erzherzogin Maria Elisabeth im Okto­ber 1725 bilden den Rahmen der Untersuchung. Patente und Instruktionen für Graf Königsegg, Prinz Eugen und Marchese di Prié Das Sitzungsprotokoll vom 8. November 1715 vermerkt die Mitglieder der Geheimen Konferenz, die über die „einrichtung des niederländi­schen gubernii“ zu beraten hatten19). An der Beratung, die im Winterpa­lais des Prinzen Eugen stattfand, nahmen Fürst Leopold Trautson20), 17) Philipp Ludwig Graf Sinzendorf (1671-1742) war seit 8. Jänner 1715 Erster Hof­kanzler. Vgl. über ihn, Wurzbach 35 (1877) 20-22; ADB 34(1892) 408—412; Alfred von Arneth, Hauptbericht des Grafen Philipp Ludwig von Sinzendorf an Kaiser LeopoldI. nach Beendigung seiner Mission in Frankreich, in: Archiv für Österreichische Geschichte 13(1854) 3-70; Hugo Hantsch, Reichsvizekanzler Graf Friedrich Karl von Schönborn und Hofkanzler Graf Philipp Ludwig Sinzendorjf, in: Études européennes. Mélanges offerts ä Victor-Lucien Tapié, Paris 1973 (= Publications de la Sorbonne, Série Études 6) 454-463. 18) Vgl. über diesen Bau Adam Wandruszka/Mariella Reininghaus, Der Ballhau­splatz, Wien 1984 (= Wiener Geschichtsbücher 33) 33-39; Hans Aurenhammer, Der Bau und seine Geschichte, in: Schicksal eines Hauses. Wien - Ballhausplatz 2, hrsg. vom Bun­despressedienst, Wien 1984, 5-16. 19) Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, (HHStA), Staatskanzlei (Stk) Vorträge R 20, 2. Konvolut, fol. 116r-117v. 20) Leopold Fürst Trautson (1659-1724) mußte 1711 Fürst Anton Florian Liechten­stein als Obersthofmeister weichen. Dies tat seiner politischen Stellung jedoch keinen Abbruch, er blieb in der Geheimen Konferenz, wo er als Geheimer Rat eine Art Vorsitz hatte. Vgl. Braubach, Prinz Eugen 3 (wie Anm. 16) 149. 133

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