Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

PICHORNER, Franz: Patente und Instruktionen für die Statthalter der Österreichischen Niederlande (1715–1726)

Instruktionen für die Statthalter der Österreichischen Niederlande getrennt gehalten werde. In diesem Artikel wurden die Niederlande nur als Barriere Hollands gegenüber Frankreich erwähnt, dem Raiser wurde eine künftige Territorialsouveränität über die Südlichen Nieder­lande nicht einmal verbürgt. Trotz der Versuche der kaiserlichen Ge­sandten im Haag, Johann Wenzel Graf Wratislaw3) und Johann Peter Graf Goess4), eine Änderung zu erreichen, blieben die Seemächte bei der von ihnen entworfenen Fassung des Artikels5). Die Spanischen Niederlande befanden sich zur Zeit ihrer formellen Besitzergreifung durch Erzherzog Karl (Karl III. von Spanien) fast restlos in der Gewalt des französischen Königs und seines Enkels Phi­lipp V. und waren einer der Hauptschauplätze im Kampf um das spa­nische Erbe. Durch eine Vereinbarung zwischen Karl III. und den Ge­neralstaaten war diesem zunächst die Zivilverwaltung der Provinz Limburg zugedacht, über die militärische Leitung sollten die Gene­ralstaaten befinden. Flandern, Brabant und Mecheln wurden nach ih­rer Rückeroberung von einer durch die Seemächte ernannten Konfe­renz verwaltet. Der letzte spanische Statthalter, Max Emanuel von Bayern, hielt noch Namur und Luxemburg besetzt. Die Generalstaa­ten kontrollierten allein Hennegau, Tournaisis, Westflandern und den spanischen Teil von Geldern. Die Schlacht von Ramilies (23. Mai 1706) leitete das Abdrängen der Franzosen aus den Niederlanden ein, die nach dem Sieg des Prinzen Eugen und des Herzogs von Marlbo­rough in Ooudenaarde (11. Juli 1708), der Eroberung von Lille (23. Oktober 1708) und der Schlacht von Malplaquet (11. September 1709) unter die Kontrolle der Seemächte kamen. Max Emanuel, über den wegen Verbindung mit dem Reichsfeind und Landfriedensbru­ches am 29. April 1706 die Reichsacht verhängt worden war, residierte von jetzt an in der Festung Mons, seit 1709 in Compiégne und ab 1711 in Namur. Militärisch blieb er völlig ausgeschaltet6). Die militä­3) Johann Wenzel Graf Wratislaw (1670—1712) Oberster böhmischer Kanzler und Mitglied der Geheimen Konferenz. Vgl. über ihn: Alfred von Arneth, Eigenhändige Cor- respondenz des Königs Karl III. von Spanien an den Obersten Canzler des Königreiches Böhmen, Grafen Johann Wenzel Wratislaw, in: Archiv für Kunde österreichischer Ge­schichtsquellen 16(1856) 1-224; Elfriede Mezgolich, Graf Johann Wenzel Wratislaw von Mitrowilz. Sein Wirken während des Spanischen Erbfolgekrieges, Wien phil. Diss 1967 (Mschr.) 4) Johann Peter Graf Goess (1667-1716), kaiserlicher Diplomat, 1705—1707 Admini­strator der niederländischen Provinzen. Vgl. über ihn Johann Zeno Goess, in: Neue Deutsche Biographie 6(1964) 543f. 5) Pribram, Österreichische Staatsverträge (wie Anm. 2) 219f. 6) Ludwig XIV. ernannte Max Emanuel von Bayern noch am 2. Jänner 1712 zum souveränen Herrscher über die Niederlande. Seine tatsächliche Herrschaft blieb jedoch auf Luxemburg, Namur und Hennegau beschränkt. Max Emanuel hatte nie als souverä­ner Herrscher in den Niederlanden regiert, er wartete in der Nähe von Versailles den 129

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