Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

PICHORNER, Franz: Patente und Instruktionen für die Statthalter der Österreichischen Niederlande (1715–1726)

Franz Pichorner rische Macht lag ab 1706 in den Händen einer im Namen Raris III. amtierenden englisch-holländischen Kommission7). Am 3. Februar 1716 übernahm der kaiserliche Bevollmächtigte in den Niederlanden, Graf Lothar Königsegg, aus den Händen dieser Kommission die Re­gierung. Nach den Verträgen von Rastatt und Baden (1714) und nach Unterzeichnung des Barrierevertrags (15. November 1715) vollzog sich allmählich die Räumung der Gebiete durch die Militärs der See­mächte. Bis auf Tournaisis und Westflandern, die erst 1719 in den Be­sitz Karls VI. gelangten, war diese Räumung im Februar 1716 abge­schlossen. Kaiser Karl VI. verfügte somit im Sommer 1716 über die zehn alten niederländischen Provinzen Brabant, Flandern, Hennegau, Namur, Limburg, Geldern, Mecheln, Tournai, Tournaisis und West- flandern8). Die Friedensverträge von Rastatt und Baden schufen an der Westgrenze des Reiches und in Italien fast jene Situation, die Ma­ximilian I. einst durch das burgundische Erbe und die Exspektanz auf Mailand hergestellt hatte9). Der Kaiser hatte am 29. Dezember 1713 in Wien zur Verwaltung der Gebiete aus dem spanischen Erbe den Spanischen Rat geschaffen10). Vier Jahre später, am 1. April 1717, folgte die Errichtung des „Conseil Supreme des Pays-Bas“,einer Be­hörde, die künftig allein für die niederländischen Agenda zuständig sein sollte. Die Bezeichnung für diese Behörde wechselte — sie er­scheint als „Raht von Flandern“, als „Höchster Rat deren kaiserlichen österreichischen Niederlanden“, am häufigsten jedoch unter der fran­zösischen Bezeichnung „Conseil Supreme des Pays-Bas“. Mit der Be­förderung der kaiserlichen Befehle in die neuerworbenen, ehemals spanischen, Provinzen war das Spanische Staatssekretariat, auch als „Universal Geheime Staatsexpedition“ bezeichnet, betraut. Seit 29. De­zember 1713 der Leiter dieses Spanischen Staatssekretariats, stellte Verlauf der Ereignisse ab. Weihnachten 1713 teilte ihm der französische König mit, daß seine souveräne Herrschaft über die Niederlande beendet wäre. Vgl. Aretin, Das Reich (wie Anm. 1) 209-240; Max Spindler, Handbuch der bayerischen Geschichte, Bd. 2, hrsg. von Andreas Kraus, München 1988 309—513. 7) Vgl. über diese Kommission A. J. Veenendaal, Het Engels-Nederlands Condomi­nium in de Zuidelijke Nederlanden tijdens de Spaanse Successieoorlog 1706-1716, eerste deel, Utrecht 1945. 8) Eine seit der Abtretung des Artois an Frankreich neu hinzugekommene Provinz. 9) Vgl. Leopold Auer, Zur Rolle Italiens in der österreichischen Politik um das spani­sche Erbe, in: MÖStA 31(1978) 72. 10) Vgl. zum Spanischen Rat in Wien: Hans Reitter, Der Spanische Rat und seine Beziehungen zur Lombardei (1713-1720), Wien phil. Diss. 1963 (Mschr.); Karl Otmar von Aretin, Von der spanischen Vorherrschaft zum Spanischen Rat. Reichsitalien in der Zeit des Übergangs von der spanischen zur österreichischen Vorherrschaft, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 62(1982) 180-203. 130

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