Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 41. (1990)

BROUCEK, Peter: Ungedruckte Prüfungsarbeiten aus Österreich zur österreichischen Militärgeschichte bis 1988

Rezensionen herausgebrachten Druckwerks Entwurf einer Erziehungs-Arth von Prinzen und Prinzes­sinnen und der Instructions pour mes enfans Kaisers Franz I. Stephan, verwahrt im Haus-, Hof- und Staatsarchiv (Familienarchive), sowie der im Druck vorliegenden Korre­spondenzen seiner Gattin Maria Theresia gibt Elisabeth Kovács einen Überblick über die pädagogischen Prinzipien für die Erziehung der Töchter des Kaiserpaares (Die ideale Herzogin. Maria Theresias Forderungen an ihre Töchter, gewidmet „Erich Zöllner in Dankkbarkeit“, S. 49-80). Besonders hervorgehoben sind die feste Verankerung in der katholischen Religiosität und die Ausrichtung auf die künftigen Aufgaben im Dienste der habsburgischen Politik. Den umfangmäßig größten Beitrag dieses Bandes bildet die Abhandlung von Wolfgang Rohrbach Technischer Fortschritt und Versicherung in Österreich. Historische Betrachtung einer bedeutungsvollen Wechselbeziehung (bis zum Ende der Ersten Republik), gegliedert in Teil 1 (S. 81-142) und Teil 2 (S. 361-432). In einer Einleitung und acht Kapiteln wird die Entstehung des Versicherungswesens in Österreich im 18. Jahrhundert und seine Weiterentwicklung bis zum Jahr 1938 geschildert, beginnend mit den nach ausländi­schem Vorbild - aber auch anknüpfend an bis ins Mittelalter zurückreichende eigen­ständige Vorformen - in Triest von Kaiser Karl VI. begründeten Institutionen der Trans­portversicherung zur See, wird das Ausgreifen auf immer neue Versicherungssparten in der Folge jeweils in Beziehung gesetzt zu den Phasen der Einführung neuer Produk­tionsmethoden, des Ausbaues der Produktionsstätten sowie der Einrichtung zur Vertei­lung und Absetzung der Erzeugnisse der Wirtschaft des Industriezeitalters. Zur Bewälti­gung solcher Erfordernisse erfolgte die sukzessive Errichtung immer neuer Versiche­rungsunternehmungen bzw. die Aufnahme des Versicherungsgeschäftes im Bankensek­tor. Zur Abdeckung der Risken der sich in diesem Prozeß neu bildenden Schichte der unselbständigen Erwerbstätigen - Krankheit, Unfall, Arbeitsunlahigkeit wegen Alters, Versorgung der Hinterbliebenen im Todesfall - kam es zur Ausbildung der gesetzlich vorgeschriebenen Unfallversicherung, Krankenversicherung und Lebensversicherung; in diesem Bereich kam den Erfolgen der medizinischen Betreuung eine wesentliche Rolle zu. Die so in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegebene Vielfalt erfuhr noch eine Ausweitung im Zeitalter des Automobils und des Flugzeuges (Kapitel 8; „Vom Kai­serstaat zur Republik“). In fachkundiger Weise werden die für das Versicherungsge­schäft maßgeblichen Komponenten und Faktoren, untermauert mit statistischem Mate­rial in Tabellenform, dargeboten. Als Vorläufer des kommerziellen Versicherungswesens werden nur die Vorsorgeeinrichtungen im Bereich des zünftischen Handwerks ange­führt (S. 83f.). Das Schutzverhältnis zwischen Herr und Untertan im Rahmen der Grund­herrschaft wird völlig einseitig interpretiert; hier wäre ein Hinweis auf die grundlegen­den Forschungen Otto Brunners am Platze gewesen. Man vermißt überhaupt die Einbin­dung des Themas in das seit jeher gegebene menschliche Streben nach Vorsorge und Absicherung gegen Bedrohungen, wie es etwa in der Vorratshaltung von Lebensmitteln oder Sparen von Notgroschen zum Ausdruck kommt, aber auch im bäuerlichen Ausge­dinge (Altenteil). Das christliche Gebot des Almosengebens war ein wesentlicher Anstoß dazu, nicht vor der Not anderer die Augen zu verschließen; in vielfältig institutionalisier­ter Form, etwa als karitative Einrichung oder Ordensspitäler, wirkt dieser Impetus bis in die Gegenwart fort und kann manche Lücken ausfüllen, die weder vom sozialen Netz der staatlichen Gesetzgebung noch von der Versicherungswirtschaft abgedeckt werden. Ähnliches gilt von den „Spitälern“ und Armenhäusern des Mittelalters und der frühen Neuzeit, die in der kommunalen Fürsorge der Gegenwart eine Fortsetzung gefunden haben. Es wäre auch ein Hinweis darauf angebracht gewesen, daß im Gegensatz zu dem imponierenden Apparat des Versicherungswesens bei den Versicherungsnehmern — wohl auch ausgelöst durch die bittere Erfahrung der Kriegsfolgen, Inflation und Wirt­schaftskrisen - in weitem Umfang ein Imagedefizit besteht, wenn man den Ermittlungs- ergebnissen der Meinungsforschungsinstitute Glauben schenken darf. 433

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