Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 41. (1990)

HEPPNER, Harald: Serbien im Jahre 1889 nach einem Bericht Ludwig von Thallóczy's

Harald Heppner Stiche lassen, ein Alp ist von der Brust gehoben, der Vampyr Oesterreich ist gebannt; dann wird von grossen russo-serbischen Putschen gespro­chen, gediegene Kaffeehauspolitiker Belgrads und Semlins29) wissen von der Installirung Nikitas von Montenegro30) interessante Details zu erzählen. Der von seiner Schwergläubigkeit bekannte Commandeur des bulgarischen Alexander-Ordens Herr Richards-Brindsley, Corre­spondent der „Times“ in Wien, entdeckte unter der Mitwirkung [des] weiland Naprednjaken Mijatovic31), dass es um Oesterreich ge- sche[he]n sei. Von diesen Blechschwätzereien abgesehen, muss hervorgehoben wer­den, dass die ernsten, conservativen Elemente der ungarischen Serben sowie auch im Königreiche vor den Feierlichkeiten sehr missgestimmt waren. Es ist dies auch sehr natürlich, ln Ungarn untersagte der jetzige karlowitzer Administrator Herr Basilian Petrovits32) selbst die kirchli­chen Feierlichkeiten; der ganze polizeiliche Apparat wurde in Bewe­gung gesetzt, um die Leute von Neusatz nicht nach Ravanica33) zu las­sen, wobei der neue Obergespan persönlich die Manoevres leitete; in Croatien war die kirchliche Feier erlaubt, nur nach Serbien konnte man nicht hinüber; in Bosnien hingegen und in Dalmatien war Alles erlaubt. In einer Monarchie waren also dreierlei Verhaltungsmassregeln gegen­über diesen — wie die Folge zeigte - nicht furchtbaren Ereignissen. In Folge nun, dass man die Feierlichkeiten bei uns34) ernst nahm, gab man den Serben Anlass, sich selbst als einen gefährlichen Factor erkennen zu lassen. Mehr wollen sie ja nicht. Die besonnenen, unter allen Umständen treuen Serben schrieben die verschiedenen Massregeln einer schlechten Information zu. Mit Recht 29) Serbokroat. Zemun, Stadt am Zusammenfluß von Donau und Save gegenüber von Belgrad, bis 1918 bei Österreich-Ungarn. 30) Nikita = Nikola Petrovic Njegos (1841-1921), Fürst von Montenegro. Es ging da­mals das Gerücht um, daß Alexander Obrenovic gestürzt und entweder durch den Für­sten von Montenegro oder durch Petar Karadordevic, damals im montenegrinischen Exil, ersetzt würde (Siehe Anmerkung 11 der Einleitung). 31) Cedomilj Mijatovic (1842-1932), bekleidete zwischen 1873 und 1894 diverse Mi­nisterämter, einer der Gründer der Serbischen Fortschrittspartei. 32) Basilian Petrovic, Bischof des Bistums Bácska mit Sitz in Neusatz, 1889 interimi­stischer Verwalter der unbesetzten Karlowitzer Metropolie. 33) 1381 gegründetes serbisches Kloster nordöstlich von Cuprija (Moravatal), von den Türken öfter zerstört, anfangs des 19. Jahrhunderts wieder hergestellt. Es handelt sich offenbar nicht um dieses Kloster, sondern um das Kloster Vrdnik am Südhang der syrmischen Fruska gora, wohin Mönche aus Ravanica nach 1690 die Gebeine des 1389 gefallenen serbischen Fürsten Lazar gebracht hatten, weshalb das Kloster mit zweitem Namen auch „Ravanica“ hieß. Dazu Felix Kanitz Das Königreich Serbien und das Serben­volk 1 (Leipzig 1904) 277. 34) = Österreich-Ungarn. 164

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