Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 40. (1987)
LUNITZ, Martin: Diplomaten im 16. Jahrhundert. Zum Problem der Finanzierung ständiger Gesandtschaften am Beispiel der Botschafter Kaiser Karls V. in Frankreich und England
Diplomaten im 16. Jahrhundert 3 derer, die diesen Posten nacheinander ausfüllten, sei bekannt, daß er dafür jährlich 500 Gulden erhalten sollte3). Offensichtlich verlangte ein System von ständigen Gesandtschaften eine andere materielle Grundlage als die von Maximilian bisher betriebene Ad-hoc- Diplomatie, und dies war mit Sicherheit nur eine Voraussetzung und ein Unterscheidungsmerkmal unter vielen anderen. Doch halten wir zunächst fest: Im Zusammenhang mit ständigen Gesandtschaften ist die Rede von einer Entlohnung in einer bestimmten Höhe für eine bestimmte Dauer der Tätigkeit. Der Vorgänger Luca de Renaldis’ als ständiger Gesandter in Rom war der Burgunder Philibert Naturei4). Als akkreditierter Gesandter Philipp des Schönen von Burgund und Kaiser Maximilians wurde er aus den Niederlanden bezahlt5). Die Niederländer hatten damals bereits Erfahrung mit ständigen Missionen gesammelt6), neben jener am Papsthof unterhielten sie in den Jahren 1505-1506 eine weitere am französischen Königshof7). Bevor Maximilian seinem Sohn Philipp im Jahre 1493 die Regierung der Niederlande überlassen hatte, war das lange umstrittene burgundische Erbe eine Zeitlang Stützpunkt seiner Politik gewesen. Damals hatte er für sein Bündnissystem gegen Frankreich wie auch für seine dynastischen Ziele burgundische Diplomaten erfolgreich eingesetzt. Die Bedeutung der spanischen Heirat Philipp des Schönen für Maximilians Gesandtschaftswesen ist allerdings unklar. Ob sich daraus eine Verflechtung zwischen burgundischem und kastilischem Gesandtschaftswesen einerseits und jenem des Kaisers andererseits ergeben hat, ist fraglich. Lediglich im Falle Roms haben wir einen gemeinsamen Gesandten. Doch nach dem Tod König Philipps (1506) verlagerte sich mit den Regentschaften Maximilians und Margaretes von Österreich der Schwerpunkt der habsburgischen Diplomatie ganz in die Niederlande. In den burgundischen Niederlanden gab es zu Beginn des 16. Jahrhunderts ein Gesandtschaftswesen, das, wie oben aufscheint, im Gegensatz zu den Verhältnissen in Maximilians Erblanden materiell und organisatorisch auf ganz anderen Beinen stand. Die von den Burgunderherzögen im Laufe des 15. Jahrhunderts langsam vorangetriebene Vereinheitlichung des Staatsgebildes und Zentralisierung der Verwaltung in einer hierarchischen Ordnung hatte die politische Kontrolle über das Land intensiviert und eine effizientere Nutzung der verschiedenen Ressourcen (Domänen, Regalien, „aides“) ermöglicht. Die größere Geschäftsmäßigkeit, mit welcher nun Herrschaft ausgeübt und fürstliche 3) Wiesf lecker Neue Beiträge 307. 4) Ebenda. 5) Nur so war es Maximilian möglich, überhaupt einen Gesandten beim Papst zu unterhalten: Mattingly Renaissance Diplomacy 157. 6) Im Februar 1492 war Pierre Puissant zum ständigen Gesandten in England ernannt worden. Obwohl er nur bis Ende desselben Jahres dort verblieb, trägt seine Mission alle Kennzeichen einer ständigen Gesandtschaft: Anne-Marie Fobe De Diplomaten van het Boergondische Hof (1477-1506) Deel 1 (Unveröffentlichte Lizentiatsprüfungsschrift Universität Gent 1970) 9f. 7) Ebenda llf.