Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 40. (1987)
LUNITZ, Martin: Diplomaten im 16. Jahrhundert. Zum Problem der Finanzierung ständiger Gesandtschaften am Beispiel der Botschafter Kaiser Karls V. in Frankreich und England
14 Martin Lunitz („cedulle signée de la main de mond. Seigneur“) vorliegt. Dieses mandement wird immer feierlich auf Pergament geschrieben und gesiegelt und ist an das Finanzkollegium gerichtet (d. h. der Befehl muß erst die Kontrolle passieren), das den Auftrag an den Receveur Général weiterzugeben hat57). Die wesentlichen Verfahrensweisen für die Entlohnung der Diplomaten und die Finanzierung ihrer Missionen, wie Abschlagszahlung zu Beginn einer Reise, Tagegeld, Abrechnung nach Rückkehr und Erstattung von Sonderausgaben, waren in der burgundischen Verwaltung schon seit langem festgelegt, als Karl im Jahre 1515 die Regierung der Niederlande an trat58). Seine erste Ordonnanz zur Verwaltung der Finanzen vom gleichen Jahr enthält denn auch nur eine übergeordnete Anweisung für den Receveur Général zur Führung der Ausgabenrubrik „ambassades et gros voiaiges“. Soweit die Gesandtschaften in Karls späteren Ordonnanzen für das Finanzwesen überhaupt erscheinen, ist in den entsprechenden Artikeln keine Veränderung festzustellen59). Theoretisch war auch die laufende Versorgung der ständigen Gesandten gesichert. Werfen wir einen weiteren Blick auf die Praxis. A VII Ein „conseiller et maitre des requetes“, also ein juristisch gebildeter Rat - und dies war die Beamtengruppe, aus der sich die ständigen Gesandten zunehmend rekrutierten -, erhielt während seiner Mission einen Tagessatz von 10 livres oder 200 sols über sein sonstiges Gehalt und eventuelle Pensionen hinaus60). Da nähere Angaben zu seinem Haushalt und seinen laufenden Kosten fehlen, Vergleiche mit dem Tageslohn von Handwerkern aber aus verschiedenen Gründen sehr problematisch für die Beurteilung der Lebenshaltungskosten sind, ist die Frage, ob die Bezüge ausreichend waren, nur schwer zu beantwor57) Walther Burgundische Zentralbehörden 75f. 58) Comptes généraux de l’état bourguignon entre 1416 et 1420 ed. Michel Mo 11 at, Robert Favreau, Robert Fawtier, 2/2 (Paris 1965) 730ff. Das Rechnungsbuch der Recette Générale des Herzogtums und der Grafschaft Burgund von 1420 etwa enthält in seiner Ausgabenrubrik „voiaiges et ambassades“ Eintragungen, deren das Zahlungsverfahren beschreibender Formularteil jenem der Rechnungseintragungen in der entsprechenden Rubrik des Receveur Général des Finances Karls V. sehr ähnlich ist. Aufschlußreich sind die Eintragungen nn. 4988, 4992, 5011, 5023. - Kurze Beschreibung des herzoglichen Gesandtschaftswesens bei Richard Vaughan Philipp the Good. The Apogee of Burgundy (London 1970) 177ff. 59) Recueil des Ordonnances 1 (1893) 331—337: Ordonnance von 1515 März 26, Art. 15; ebenda 586-589: Ordonnance von 1517 August 18, Art. 11; ebenda 2 32-36: Ordonnance von 1520 Oktober 18, Art. 12; ebenda 206-215: Réglement von 1522 Mai 22 (Gesandtschaften nicht erwähnt); ebenda 3 (1902) 244-254: Reglement von 1531 Oktober 1, Art. 15; ebenda 4 (1907) 243—253: Réglement von 1540 Oktober 12, Art. 16; ebenda 5 (1910) 217-227: Réglement von 1546 Februar 27, Art. 41. 60) Als kaiserlicher Rat und Mitglied des Conseil Privé war dies eine Tagesgage von 28 sols, die ihm, entsprechend seiner Präsenz im Rat, in Vierteljahresabständen ausgezahlt wurde. Als Gesandter bezog er sie weiter. Später, um 1547-1548, erhöhte sie sich auf 40 sols: Michel Baelde De Collaterale Raden ander Karel V en Filips II (1531—1578) (Brussel 1965) 117.