Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 40. (1987)

LUNITZ, Martin: Diplomaten im 16. Jahrhundert. Zum Problem der Finanzierung ständiger Gesandtschaften am Beispiel der Botschafter Kaiser Karls V. in Frankreich und England

Diplomaten im 16. Jahrhundert 11 nungen des Receveur Général, da wegen der Aufstände in Flandern praktisch kein zentraler Fonds mehr bestand39). Einen Hinweis, aus welchen Einkünften die Kosten für die Missionen der Diplomaten Karls V. bestritten wurden, gibt ein Brief der Regentin der Nieder­lande, Margarete von Österreich, aus dem Jahre 1530 an den Kaiser, der auf dem Reichstag zu Augsburg weilte. Danach sei es unmöglich, in den Niederlan­den 50.000 écus für die Verlegung des kaiserlichen Hofes von Augsburg in die Niederlande aufzubringen, dies umso mehr, als die Domäne Karls (im Singu­lar!), die ungefähr 196.000 livres erbringe, schon zu stark mit Ausgaben bela­stet sei. Bei der Aufzählung der einzelnen Posten nennt sie zuletzt „les frais des ambassadeurs, messaigers et postes et plusieures autres parties declairées en l’estat que demierement vous a este porté, lesquelles ne se peuvent post- poser“40). Obwohl es hin und wieder vorkam, daß Gesandtschaftsreisen aus den Geldern bezahlt wurden, welche die Provinzialstände und die allgemeinen Ständever­sammlungen dem Fürsten als „aides“ bewilligten, also aus den „finances extraordinaires“41), waren es unter Karl grundsätzlich die Domäneneinkünfte, die „finances ordinaires“, welche diesen Haushaltsposten deckten42). Die Grundlage für die Bezahlung der Botschafter bei den Königen von Frank­reich und England war ein vor Beginn der Gesandtschaft vom Conseil des Finances, von Karl und dem Conseil Privé festgelegter Tagessatz43). Dessen Höhe richtete sich nach den zu erwartenden Kosten für die Führung eines standesgemäßen Haushaltes (seinen Sekretär, die Schreiber, seinen maitre d’hotel und die Dienerschaft hatte der Gesandte selbst zu unterhalten und zu entlohnen), nach der jeweils aktuellen Preisentwicklung im Lande44) und nach Stand und Ansehen der Person des Diplomaten45). Zu Buche schlug in Frank­39) Fobe De Diplomaten 88 behandelt die Gesandtschaftsfinanzierung in den genannten Jahren. 40) HHStA Belgien PA 21/1 (= 23 alt) fol. 386r-388r: Margarete an Karl, 1530 Oktober 4, Mecheln. 41) Man stößt in den Rechnungen des Receveur Général des Finances vereinzelt auf Eintragungen unter der Rubrik „ambassades et gros voiaiges“, aus denen dies hervor­geht. 42) Im Gegensatz zu den Verhältnissen des 15. Jahrhunderts war, wie wir gesehen haben, zur Zeit Karls V. die Aufstellung eines Haushalts mit Vorausplanung und Verteilung der ständig wiederkehrenden Einkünfte in nuce vorhanden. Damit erscheint der Begriffsgebrauch hier angebracht. 43) So jedenfalls nennt der Receveur Général die dafür maßgebenden Personen. 44) Wobei ein längerer Aufenthalt des Reisehofes König Franz’ I. stets die Preise in der betreffenden Gegend hochschnellen ließ. Vgl. Robert J. Knecht Francis I. (Cam­bridge 1982) 98; aufschlußreich auch Relations des ambassadeurs vénitiens sur les affaires de France ed. Nicolo Tommaseo, 1 (Paris 1838) 108. Der kaiserliche Gesandte mußte im Jahre 1547 8-9 sols pro Tag für die Fourage eines Pferdes aufwenden: AGR Conseil d’Etat et Audience - Lettres missives 1672/2: Saint Mauris an den Conseil d’Etat, 1547 November 27, Mélun. 45) Die Höhe der Tagessätze schwankte zwischen 3 livres (Le Sauch 1525 in England) und 14 livres (Hannart 1532 in Frankreich); Le Sauch fällt allerdings aus dem Rahmen, denn er fungierte nur als Geschäftsträger bis zur Entsendung eines neuen Botschafters.

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