Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 40. (1987)
LUNITZ, Martin: Diplomaten im 16. Jahrhundert. Zum Problem der Finanzierung ständiger Gesandtschaften am Beispiel der Botschafter Kaiser Karls V. in Frankreich und England
Diplomaten im 16. Jahrhundert 5 Es ist zu vermuten, daß die Receveurs Généraux in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts begrifflich bereits unterschieden zwischen „ambassades“ und Reisen der Beamten innerhalb des Hoheitsbereichs ihres Herrn, doch erst im Rechnungsbuch des Jahres 1555, zu Ende der Regierung Karls V., fand die Unterscheidung ihren Niederschlag in Form von getrennten Rubriken: „menuz voiaiges et messaigeries“ „gros et menuz voiaiges“ „ambassades“11). Die uns interessierenden „ambassades“, insbesondere die ständigen Gesandtschaften an den Höfen Frankreichs und Englands, konnten für die Zeit vor 1555 durch einen Vergleich der sämtliche Zahlungen enthaltenden Rechnungen mit den Berichten der Gesandten, den an sie adressierten Weisungen und den Briefen hoher kaiserlicher Beamter identifiziert werden12). Die einzelnen Botschafter sind in einem Anhang in der Reihenfolge ihrer Gesandtschaften verzeichnet. A IV Als Karl, der König von Kastilien und Aragon, Herzog von Burgund und Erzherzog von Österreich, im Juni 1519 zum Römischen König gewählt wurde und den Titel eines erwählten Kaisers annahm13), wurden aus den bisherigen Gesandten des Königs von Spanien bzw. Herzogs von Burgund in England und Frankreich kaiserliche Gesandte. Am Hofe König Franz’ I. hielt sich seit Mitte des Jahres 1517 der Dompropst von Utrecht, Philibert Naturei, als Botschafter auf. Naturei war ein erfahrener Diplomat, den bereits Philipp der Schöne und Maximilian in Rom und Frankreich eingesetzt hatten14). Beim englischen König, Heinrich VIII., war Karl seit chend hoher repräsentativer Aufwand gepflogen wurde. In diesem Sinne ist die Konjunktion „et“ gleichordnend. Auch die Rechnungslegung Gabriel Salamancas, des Schatzmeister-Generals Erzherzog Ferdinands I., für den Bereich der österreichischen Erblande erfolgte in der für die Niederlande gebräuchlichen Form. Das erhaltene (zweite) Rechenbuch (für die Zeitspanne von 1. September 1522 bis 30. September 1523) verzeichnet auf fol. 24r ebenfalls „ambassades et gros voiages“ in einer Rubrik: HHStA Hs. W 1081. n) Archives Départementales du Nord Lille (= ADN) B 2510 Compte lOe de Robert de Boulogne 1555 fol. 607 und die folgenden Comptes. 12) Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien (HHStA) Staatenabteilungen (= StA) Frankreich und England, Berichte und Weisungen sowie Belgien PA; Archives Générales du Royaume Bruxelles (= AGR) Conseil d’Etat et Audience; Calendar of Letters, Despatches, and State Papers Relating to the Negotiations between England and Spain (= CSP Spanish) 1-2, ed. G. A. Bergenroth (London 1862,1864); 3/1-2, 4/1-2, 5/1-2, 6/1-2, 7, ed. Pascal de Gayangos (London 1873, 1877, 1879,1882, 1886, 1888, 1890, 1895, 1899); 8, ed. Martin A. S. Hume (London 1904); 9, ed. Martin A. S. Hume and Royall Tyler (London 1912); 10-13, ed. Royall Tyler (London 1914, 1916, 1949, 1954); Bibliothéque Municipale de Besan^on (= BMB) Collection Granvelle; Archivo General Simancas (= AGS) Estado, Corona de Castilla. 13) Karl Brandi Kaiser Karl V. 1 (Frankfurt 1979) 102. 14) Zu Naturei nähere Angaben bei Fortuné Koller Au service de la Toison d’or