Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)
AUER, Leopold: Historische Friedensforschung (Literaturbericht)
474 Literaturberichte damit eine Entmoralisierung des „Dritten Reiches“, „eine historische Befreiung ... aus dem Zwangskorsett der Vorstellung von einer allesumfassenden Gewaltherrschaft.“: „Die Schändlichkeit, die im großen die Bilanz dieser Epoche ausmacht, kann nicht bedeuten, daß den vielen sozialen, wirtschaftlichen, zivilisatorischen Wirkungskräften, den zahlreichen Modernisierungsbestrebungen ihre geschichtliche Bedeutung allein durch die Verknüpfung mit dem Nationalsozialismus genommen wird“ (Merkur 1985/Nr. 39 S. 384). Ha- nisch’s Salzburg-Buch ist genau in diesem Sinne verfaßt. Erstmals wird vieles entmythologisiert, Widersprüche beim Namen genannt, eine gar nicht so furchtbare Normalität im geschichtlichen Ablauf der NS-Zeit gezeichnet. Und genau das macht dem Rezensenten, der das vorliegende Buch einmal vorschnell als trivial und unkritisch bezeichnet hat, zu schaffen: Wird hier nicht der Apologie über den Nationalsozialismus ungewollt Vorschub geleistet? Im vorliegenden Rahmen konnten nur einige wenige unbedeutende Anmerkungen zu einem für die emotionale Bewältigung des Nationalsozialismus in Salzburg sehr bedeutsamen Buch gemacht werden. H. betont immer wieder den ambivalenten und widersprüchlichen Charakter des Nationalsozialismus - mit Ambivalenz ist auch am besten jenes Gefühl ausgedrückt, das der Rezensent beim Lesen des Buches hatte: Ist es nun eine kritische Aufarbeitung der Vergangenheit oder eine Verbeugung vor Salzburg? Klaus-Dieter Mulley (Wien) Margit Sandner Die französisch-österreichischen Beziehungen während der Besatzungszeit von 1947 bis 1955 (Dissertationen der Universität Wien 162). Verband der wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs, Wien 1983. XIII, 377 S., ill. Immer stürmischer siedelt vor allem die jüngere Historikergeneration ihre Forschungsinteressen in der jüngsten österreichischen Vergangenheit an, um dann während der Recherchen mit umso mehr Enttäuschung feststellen und beklagen zu müssen, daß der Zugang zu unentbehrlichen Quellen der Zweiten Republik im Österreichischen Staatsarchiv versperrt ist. Eine Archivsperre ist jedoch kein von der Verwaltung verordneter Willkürakt, sondern es gibt sowohl für die Verwaltung als auch für das Archiv datenschutzrechtliche und arbeitstechnische Gründe (Skartierungs- und Ordnungsarbeiten), die die Einsicht in jüngste noch nicht inventarisierte Akten nicht ermöglichen. Nur soviel mag an dieser Stelle zu einem die Historiker immer stärker bewegenden Problem ihrer Forschungsarbeiten angemerkt werden. Umso höher ist die mit einem koketten Seitenblick auf die jubiläumsträchtigen Ereignisse befaßte Studie von Margit Sandner zu bewerten, da sie bemüht und in der Lage war, den leichteren Zugang zu französischen Archivalien für ihre Themenstellungen zu nutzen. So stützen sich weite Bereiche der Untersuchung auf die Bestände des französischen Außenministeriums bis 1949 und der französischen Armee bis 1955. Ergänzt durch Memoiren (Gruber und Bethouart), die Bulletins des französischen Informationsdienstes, die Tagespresse sowie die amerikanische Aktenpublikationsreihe Foreign Relations of the United States macht sich die Vfn. auf die Suche nach dem Interessanten und Berichtenswerten aus der Zeit der französischen Besatzungszeit ab 1947. Die französische Besatzungszone umfaßte Vorarlberg und Tirol (ab 1947 auch