Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)
AUER, Leopold: Historische Friedensforschung (Literaturbericht)
462 Literaturberichte liehe Expeditions-Tätigkeit im Dienste des Handels und der Wissenschaft in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, das aus dem Österreichischen Staatsarchiv in Wien stammt. Dadurch gewinnt das Buch über die zentrale, fotohistorische Bedeutung hinaus eine zusätzliche zeit- und kulturgeschichtliche Relevanz. Armgard Schiffer-Ekhart (Graz) Arnold Suppan Die österreichischen Volksgruppen. Tendenzen ihrer gesellschaftlichen Entwicklung im 20. Jahrhundert (Österreich Archiv. Schriftenreihe des Instituts für Österreichkunde). Verlag für Geschichte und Politik, Wien 1983. 262 S., 20 Tabellen im Text, 4 im Anhang, 3 Karten. Die österreichischen Volksgruppen stehen in den letzten beiden Jahrzehnten stark im Vordergrund historischer und sozialwissenschaftlicher Forschungsinteressen, wobei allerdings ein erheblicher Teil der einschlägigen Publikationen im Grenzbereich zwischen wissenschaftlicher Publizistik und tagespolitischer Polemik angesiedelt ist. Die vorliegende Studie, deren Verfasser als Universitätsdozent am Institut für Ost- und Südosteuropaforschung der Universität Wien durch zahlreiche einschlägige Arbeiten als Fachmann ausgewiesen ist, hebt sich über weite Strecken wohltuend von den eingangs charakterisierten Veröffentlichungen ab. Während die meisten bisherigen Publikationen den Rechtsbereich, allenfalls noch die kulturelle Entwicklung der österreichischen Minderheiten in den Vordergrund stellen, geht S. konsequent von den demographischen Daten aus und analysiert die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der Volksgruppen im Spannungsfeld zwischen Assimilation und Emanzipation. Nach einer Einleitung über „Nationalismus — Volksgruppe - Assimilation“ (S. 7-15) schildert ein erster Hauptabschnitt die „Grundzüge der demographischen Entwicklung der österreichischen Volksgruppen im 20. Jahrhundert (S. 16-66). Diese demographischen Daten werden im zweiten Hauptkapitel („Die österreichischen Volksgruppen im sozialen Wandel seit 1900: integrative und assimilatorische Wirkungen“) eingehend analysiert (S. 67-212). In einem kurzen Schlußwort („Volksgruppen-Gesellschaft und Assimilation“) (S. 213-216) skizziert der Vf. die Zukunftschancen der österreichischen Volksgruppen. Zahlreiche Tabellen und Karten im Text und im Anhang veranschaulichen die komplexen sozialen und nationalen Entwicklungsvorgänge im Laufe des 20. Jahrhunderts; ein umfangreiches Quellen- und Literaturverzeichnis dokumentiert einerseits die große Belesenheit des Autors, andererseits aber auch die kaum noch zu überblickende Zahl neuerer einschlägiger Publikationen. Personen- und Ortsnamenregister erschließen den Band in vorbildlicher Weise, wobei sich S. bei den Ortsnamenformen der jeweiligen Volksgruppensprachen äußerst korrekt an die historisch überlieferten Namensformen hält und die zahlreichen politisch motivierten willkürlichen Neuschöpfungen nicht aufgreift. Allenfalls hätte man jene Ortsnamen, die aufgrund des Volksgruppengesetzes seit 1977 amtliche österreichische Ortsnamen sind, durch eine besondere Sigle kennzeichnen können. Recht unausgewogen ist allerdings der Umfang, der den einzelnen österreichischen Volksgruppen im Rahmen der Darstellung eingeräumt wird. Mehr als 50% der beiden Hauptkapitel befassen sich mit den Kärntner Slowenen, während die Kroaten mit einem Viertel, die