Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)

AUER, Leopold: Historische Friedensforschung (Literaturbericht)

Rezensionen 459 Freilich, als Konservativer neigte Madeyski dazu, „historische Nationen“ und „geschichtslose Volksstämme“ zu unterscheiden: Nicht, daß man die letzteren hätte unterdrücken sollen - dazu war er viel zu tolerant aber unzulässig schien es ihm, daß sie mit den ersteren wirklich (d. h. auch sozial und wirt­schaftlich) genau auf einer Stufe stehen sollten. Auf Galizien gemünzt bedeute­te dies die Beibehaltung der polnischen Vorherrschaft, aber auch Konzessionen an die Ruthenen. Ohne Kenntnis von Madeyskis theoretischen Arbeiten zum Nationalitätenrecht und seines politischen Handelns als Minister und Reichsgerichtsmitglied, wo­von auch gerade die jetzt so moderne Konfliktforschung modellhaft profitieren kann, bleibt sowohl die Befassung mit der Donaumonarchie als auch jeglicher allgemeine Gedanke über Mitteleuropa Stückwerk. Sogar zur Frage der zwei­sprachigen Volksschule in Kärnten lohnt ein Rückgriff auf Madeyski. Er war tatsächlich ein Genius des Ausgleichs zwischen den Völkern, mag auch sein Blickfeld durch „Klassenbewußtsein“ und „Zeitgeist“ beengt gewesen sein. Jakub Forst-Battaglia (Wien) Gert Rosenberg Wilhelm Burger, ein Welt- und Forschungsreisender mit der Kamera, 1844-1920. Edition Christian Brandstätter, Wien—München 1984. 192 S., 229 Abb. Dieser hervorragend ausgestattete Band ist die zweite Monographie über einen bedeutenden österreichischen Fotographen, die im Verlag Christian Brandstät­ter erschienen ist. Sie setzt den Vorstoß in ein bestehendes Vakuum fort, das darin besteht, daß die zum Teil großen Leistungen österreichischer Fotogra­phen der Vergangenheit, im Unterschied zu denen anderer Länder, nahezu unbekannt geblieben sind. Dem Autor dieses Buches, Gert Rosenberg, der neben anderen fotohistorischen Arbeiten bereits 1982 eine Arbeit unter dem Titel Wilhelm Burger, ein Wiener Fotograf auf Welt- und Forschungsreisen und Pionier des Trockenverfahrens in der Zeitschrift Fotogeschichte veröffentlicht hat, gelingt es in der vorliegenden Publikation, ein wirklich eindrucksvolles Bild von der künstlerischen Persön­lichkeit Wilhelm Burgers, seiner fotohistorischen Bedeutung und seiner kul­turgeschichtlichen Rolle als Expeditions-Experte der österreichischen Foto- graphie zu zeichnen. Wilhelm Burger war der Neffe des Mannes, der als Botschafter Österreichs bei der Bekanntgabe des durch die beiden Franzosen Joseph Nicéphore Niepse und Louis Jacques Mandé Daguerre entwickelten ersten fotographischen Verfah­rens in einer feierlichen Sitzung der Académie Francaise am 19. August 1839 in Paris zugegen war und der die Fotographie nach Wien brachte: des Physikers der Wiener Universität, Professor Andreas von Ettinghausen. Nach seinem Malerei-Studium an den Akademien in Wien und München trat Wilhelm Burger in das von seinem Onkel geführte Physikalische Institut der Universität Wien ein und erwarb sich jene Vertrautheit mit der chemisch-technischen Seite dieses Mediums, die ihn nicht nur zu eigenen Entwicklungen und Verbesserun­gen vor allem im Bereich des Trocken-Verfahrens befähigte, sondern ihn auch zur vollen Umsetzung der chemisch-technischen Voraussetzungen aller zu­nächst bekannten fotographischen Verfahren in bildnerische Qualität befähig­te. In den Jahren von 1863—67 war er als erster Lektor für praktische Fotogra­phie an diesem Institut tätig. Bereits 1863 Mitglied der 1861 gegründeten und

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